Ahrensburg. Förster und Autor Peter Wohlleben startet seine Lesetour für sein neues Buch „Gebrauchsanweisung für den Wald“ in der Schlossstadt.

Wie das mit dem „Wood Wide Web“ funktioniert, das hat Peter Wohlleben schon oft erklärt, wenn er die Kommunikation der Bäume über ihre Wurzeln und kilometerlange zarte Pilzgeflechte als Internet des Waldes beschreibt. Die Erklärung dafür, wie Menschen in dieses Netzwerk eingebunden sind, steht zwar noch aus, doch es steht fest, dass es eine sehr intensive Verbindung sein muss. Eindeutiger Beleg dafür ist der Erfolg von Wohllebens Büchern, insbesondere der beiden zuletzt veröffentlichten, die beide Platz eins der Sachbuch-Bestseller des Magazins „Der Spiegel“ belegten und noch immer fest verwurzelt unter den Top Ten stehen: „Das geheime Leben der Bäume“ (2015) hat inzwischen eine Druckauflage von 700.000 Exemplaren, „Das Seelenleben der Tiere“ (2016) immerhin auch schon eine Viertelmillion.

Für den behutsamen Umgang mit dem Ökosystem Wald

Es könnte also drängelig werden im Marstall, wenn Deutschlands bekanntester Förster am 2. März erstmals in Ahrensburg auftritt – zumal seine Überzeugungen vom behutsamen Umgang mit dem Ökosystem Wald in Stormarn viele Sympathien haben dürften. Denn sobald sogenannte Durchforstungen anstehen, denen meist viele Bäume zum Opfer fallen, ist vehementer Protest empörter Bürger gegen das Abholzen ihres Waldes gewiss – zum Beispiel in der Waldgemeinde Großhansdorf.

Der Buchhandlung Stojan und dem Kulturzentrum Marstall ist mit der Einladung ein Coup gelungen, denn der viel gefragte Autor Wohlleben startet in Ahrensburg die Lesereise seines erst tags zuvor erscheinenden neuen Buches „Gebrauchsanweisung für den Wald“. Das Handbuch soll eine Orientierungshilfe für Menschen sein, die den Wald besser verstehen wollen, wie Peter Wohlleben vorab verrät: „Ich möchte Menschen animieren, in den Wald zu gehen. Sie sollen den Wald auf sich wirken lassen und spüren, dass Mensch und Natur kein Gegensatzpaar ist.“

Koventionelle Forstwirtschaft macht den Wald zur Plantage

Inspiriert ist sein Buch von 25 Jahren waldpädagogischer Führungen im Forst, wo der Genius loci auf Gruppen jeden Alters wirken sollte. Diesen Spirit will er auch im Marstall beschwören: „Mein Vortrag mit Bildern geht in Richtung Walderlebnis. Das ist wie eine Waldführung auf der Bühne.“ Sein Ziel ist stets, das Publikum zu informieren und mit der ihm eigenen Begeisterung anzustecken – denn: „Nur was man liebt, das kann man auch schützen.“

Wohlleben ist aus Naturliebe Förster geworden. Doch die Berufspraxis, in der es eher um betriebswirtschaftlich effiziente Verwertung als um Schutz der Natur gegangen sei, entsprach so wenig seinen Träumen, dass er 2006 Job und Beamtenstatus aufgab, um als angestellter Förster für die gemeindeeigenen Reviere Wershofen und Hümmel in der Eifel behutsam eine Forstwirtschaft zu betreiben, die das Ökosystem Wald achtet. Und er wurde zum Kritiker einer profitorientierten Forstwirtschaft, die, wie er sagt, Wälder zu Plantagen mache und Wüsten schaffe.

Brachiale Methoden richten Schäden für Jahrhunderte an

„Holznutzung ist grundsätzlich in Ordnung, jedoch nicht, wenn das Ökosystem dauerhaft geschädigt wird“, sagt Wohlleben. Man sollte die Störung des Waldes so gering wie möglich halten. Stattdessen werde oft brutal vorgegangen. „Die Holzernte mit so schwerem Gerät wie einem Harvester verdichtet den Boden so sehr, dass er sich erst nach der nächsten Eiszeit regeneriert. Böden können nicht mehr so viel Wasser speichern, Bäume verdursten oder ihr Immunsystem wird so geschwächt, dass sie anfälliger für Schädlinge und Krankheiten werden. „Das schadet letztlich auch der Holzwirtschaft.“

Wie es anders gehen könnte, wollen Wohlleben und Kollegen in ihrem Revier zeigen, wo Waldarbeiter und Rückepferde für die „Ernte“ eingesetzt werden. „Das ist pro Festmeter einige Euro teurer, rechnet sich aber, weil der Holzzuwachs nicht wie bei brachialem Technikeinsatz zurückgeht“, sagt Wohlleben. Er demonstriert in der Eifel, dass sich ein Wald mit konventionellen Methoden und neuen Ideen wirtschaftlich betreiben lässt. Er hat ein Buchen-Urwaldprojekt gestartet, bei dem sich jedermann für vier Euro pro Quadratmeter als Waldpächter und -schützer im Totalreservat engagieren kann. Erfolgreich sind auch der Final Forest, ein Bestattungswald, sowie die Waldakademie mit Seminaren und Führungen, die helfen sollen, mehr Menschen mit der Sprache der Bäume vertraut zu machen.

Wer mit Bäumen spricht, nimmt sich selbst weniger wichtig

Zudem leistet Wohlleben durch seine Bücher Aufklärung, in mehr als 15 fremdsprachigen Ausgaben auch in anderen Ländern und Kulturen, die nicht weniger waldaffin als die Deutschen sind. Der Bestseller-Erfolg schafft zudem finanziellen Freiraum, der nützlich für die gute Sache ist. Dennoch bleibe viel zu tun, sagt Wohlleben: „Alte Buchenwälder existieren in Deutschland nur noch im Promillebereich. Wir müssen bewahren, was es gibt und ansonsten renaturieren.“ Über seinen eigenen Musterwald sagt er, dass der auf einem guten Weg sei. „Wie es gelingt, lässt sich erst in 100 bis 500 Jahren sagen.“ Wer mit den Bäumen spricht, der versteht, dass Zeit ein relativer Begriff ist und der Mensch eine kleine endliche Größe.

Peter Wohlleben, „Gebrauchsanweisung für den Wald“, Do, 2.3., 20 Uhr, Kulturzentrum Marstall, Eintritt 10 Euro (zzgl. Gebühr), Vorverkauf in der Buchhandlung Stojan (04102-50431) und online unter www.ticketmaster.de