Von Männern und ihrem komischen Gefühl beim Strandparken in St. Peter-Ording und dem Sehnsuchtsort Parkhaus

Manche Männer wenden ungeheuer viel Zeit auf, um nach gesunkenen U-Booten oder spanischen Galeonen zu forschen. Andere laufen monatelang mit Metalldetektoren durch den Teutoburger Wald, um die letzten römischen Münzen der Varusschlacht zu orten. Ein nicht unerheblicher Teil rheinischer Pensionäre verbringt den Lebensabend mit der Suche nach dem Nibelungenschatz, den der tückische Hagen von Tronje in Nähe der Ortschaft Lochheim versenkt haben soll. Und Tausende Männer im ganzen Bundesgebiet sind unabhängig voneinander kurz davor, das Bernsteinzimmer wiederzufinden ... Gut, dass es im Fernsehen Doku-Kanäle gibt, sonst hätten wir von all diesen tüchtigen Hobbyforschern nie gehört.

Männer wollen ständig etwas entdecken. Das liegt laut Genderforscher Mario Barth daran, dass sie schon im Kindesalter mit Lego, Fischertechnik und Chemiebaukästen zugeworfen werden und ihre gesamte feinmotorische Prägung darauf hinausläuft, dass sie (abwechselnd) etwas einstöpseln oder nach etwas buddeln. Währenddessen stehen die Frauen dieser Männer am Rande von Häfen, Altrheinarmen, Burgruinen oder halb verschütteten Stollen, rollen mit den Augen und/oder halten das Essen warm. Männer stehen ständig unter Strom, Männer baggern wie blöde, Männer sind allzeit bereit – das wusste Herbert Grönemeyer schon 1984.

Aber es gibt auch andere Männer. Das sind die Vorsichtigen, Leisen, die nicht so auffallen. Sie erschließen sich die Welt quasi in Zeitlupe, dafür aber umso gründlicher. Ein Musterexemplar erlebte ich am Wochenende in St. Peter-Ording. Eine Restaurantterrasse am Nachmittag, bedeckter Himmel, aus Feuerkörben züngeln wärmende Flammen. Zwei Ehepaare, beide mit Hund, kommen ins Gespräch. „Wir wohnen in Tümlauer-Koog“, sagt einer der Männer, hörbar aus dem Ruhrgebiet. „Zuerst wollten wir nach St. Peter. Dann haben wir gegoogelt: Fewo. Und dann haben wir in Tümlauer-Koog eine gefunden, 46 Quadratmeter, wo man den Hund mitbringen darf. Dann hat meine Frau da angerufen. Ja, sagt der Mann da, man darf einen Hund mitbringen. Und da sagt meine Frau: Ja, unserer ist ja noch ein Welpe. Susi. Und dann haben wir gepackt. Dann sind wir dahin gefahren. Und zu dem Vermieter hin. Da sagt der: Das ist ja wirklich noch ein Welpe.“ „Und alles da“, assistiert seine Frau, „drei Herdplatten, Handtücher, Bettwäsche.“ „Ja“, sagt der Mann, „und dann haben wir gesagt: Ist ja alles da. Für eine Woche 410 Euro.“ Kommentar des anderen Ehepaars: „Günstig!“ „Ja“, sagt der Mann. „Ich sag zu meiner Frau: Das ist ja sehr günstig. Und dann haben wir ausgepackt. Meine Frau ist noch mit dem Hund gegangen ...“

Susi der Welpe ist inzwischen eingeschlafen, den Kopf auf meinem Schuh. An den Nachbartischen wird mit einer Mischung aus Was-soll-man-hier-sonst-machen und Wann-kommt-die-Pointe aufmerksam zugehört. Kann es bei Urlaubsgeschichten zu Ermüdungsbrüchen kommen? Nach gefühlten zehn Minuten war die Frau mit dem Hund wieder in der Fewo. „Und dann haben wir uns das auf der Karte mal angeguckt“, fährt der Mann fort. „Das ist ja, also Tümlauer-Koog, keine zehn Minuten mit dem Auto von hier. Dann sind wir die Strecke mal gefahren. Keine zehn Minuten! Dann hat meine Frau gesagt, hier kann man auch am Strand parken. Das ist aber woanders, hab ich gesagt. Dann haben wir das abends gegoogelt. Am Strand parken kann man in St. Peter-Böhl. Man fährt mit dem Auto auf den Strand. In Böhl. Dann sind wir losgefahren. Ich hatte aber so ein komisches Gefühl.“

Jetzt kommt’s!, denke ich, jetzt sieht er eine Flutwelle oder einen Meteoriten. „Ich sag zu meiner Frau: Ich hab so ein komisches Gefühl. Wenn das Auto am Strand steht.“ Kunstpause. „Und dann sind wir zum Parkhaus gefahren.“ Verblüfftes Schweigen ringsum. Susi fiept leise. Solche Männer werden bestimmt sehr alt, denke ich. Die Entdeckung der Langsamkeit, der Weg ist das Ziel, lass doch das Rheingold im Rhein verschimmeln und das Bernsteinzimmer bei den Russen ... Das Parkhaus als Sehnsuchtsort!

Es ist ein Klischee, ich weiß. Aber Männer sind eben etwas sonderbar.