Kolon, Semikolon, Punkt, Doppelpunkt und Auslassungspunkt – alles muss seine penible Ordnung haben.

Was hat ein bestimmtes Satzzeichen mit dem Darm gemeinsam? Bei dieser Frage kann man nur irritiert abwehren und sagen: Wer weiß denn so was? Keine Bange, ich will Kai Pflaume, Jörg Pilawa und Alexander Bommes keine Konkurrenz machen und kein x-tes Quiz-Format für das Vorabendprogramm der ARD entwickeln, doch mir fiel auf, dass die Mediziner für einen Teil des Dickdarms und die Germanisten für den Doppelpunkt den gleichen Fachbegriff benutzen, nämlich das Kolon (Gen. des Kolons, Plur. die Kola). Nun hat der Doppelpunkt lediglich ganz entfernte Ähnlichkeit mit dem Abschnitt des Dickdarms, der nach dem Blinddarm beginnt und in den Mastdarm mündet. Die Ähnlichkeit ist rein etymologisch zu verstehen. Beides geht auf das griech. kõlon zurück, was eigentlich „Wurst“ bedeutet.

Da ein Doppelpunkt allerdings bei bestem Willen nicht mit einer Wurst verwechselt werden kann, hatte ich die Bezeichnung Kolon bis zum Abitur im Unterricht nie gehört. Der Doppelpunkt besteht aus doppelten, das heißt aus zwei kleinen Punkten, die aber nicht hintereinander, sondern übereinander stehen. Der eine turnt quasi auf den Schultern des anderen wie zwei Bodenakrobaten im chinesischen Staatszirkus. Ist der Untermann jedoch kein Punkt, sondern ein Komma, so haben wir es mit einem „halben“ Kolon zu tun, nämlich mit einem Semikolon (lat. semi- „halb“). Diesen Begriff mutet man immerhin bereits Grundschülern zu, die die deutsche Übersetzung „Strichpunkt“ meistens gar nicht kennen.

Der Punkt wiederum begegnet uns durch und durch deutsch, könnte man meinen. Das stimmt nicht ganz. Der „Punkt“ ist ein Lehnwort, übernommen vom 2. Partizip des lat. Verbs pungere („stechen“). Unser Punkt ist also etwas zwischen die Wörter Gestochenes, das meistens zwei Sätze trennt. Davon kommt auch der Fachbegriff Interpunktion für die Zeichensetzung. Die „Interpunktion“ (lat. interpunctio) ist eigentlich ein Dazwischenstechen (lat. inter- „zwischen“), eine Scheidung der Wörter im Satz.

Der Doppelpunkt kann zwischen zwei Sätzen stehen, aber auch innerhalb eines Satzgebildes. Er ist kein Schlusszeichen, sondern ein Übergangs- und Ankündigungszeichen. Er soll die Verbindung zu dem herstellen, was folgt, und er soll die Aufmerksamkeit des Lesers auf das Folgende richten. Der Doppelpunkt steht vor der wörtlichen Rede. Mein Nachbar schimpfte: „Die Nationalmannschaft kommt nicht weit!“ Die wörtliche Rede beginnt in der Regel mit einem Großbuchstaben.

Der Doppelpunkt steht auch vor angekündigten Aufzählungen. Nach dem Doppelpunkt wird großgeschrieben, wenn ein Substantiv folgt, sonst klein. Die Europameisterschaft hat viele Favoriten: Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland. Der Doppelpunkt wird jedoch durch ein Komma ersetzt, wenn die Aufzählung durch nämlich, das heißt, das ist oder zum Beispiel eingeleitet wird. Es gibt zwei Topfavoriten, nämlich Spanien und Frankreich.

Ein Doppelpunkt steht vor Zusammenfassungen und Folgerungen. Der Platz in Lille war eine Zumutung: tief, aufgeweicht und glitschig. Nach dem Doppelpunkt ist Kleinschreibung angesagt, es sei denn, es folgt ein Substantiv oder ein ganzer Satz. Der Platz war eine Zumutung: Er war tief und glitschig.

Nach einem Semikolon wird kleingeschrieben, natürlich wiederum mit Ausnahme der Substantive. Ein neuer Satz beginnt nach einem Punkt immer mit einem Großbuchstaben. Eine banale Regel, werden Sie sagen, doch dummerweise stimmt sie nicht in jedem Fall. Beginnt ein Satz mit Auslassungspunkten, einem Apostroph oder einem durch Anführungszeichen oder eine andere Schriftart gekennzeichneten Zitat, so kann nach einem Punkt auch kleingeschrieben werden. … und sie lebten 100 Jahre. ’s ist schade um sie. jedermann schreibt man mit zwei n. Das Adelsprädikat steht am Satzanfang groß. Von Bülow trat zurück, abgekürzt dort jedoch klein. v. Bülow trat zurück.

Die (drei) Auslassungspunkte stehen mit Zwischenraum, wenn sie mehrere Wörter ersetzen („Der Horcher an der Wand …“), jedoch kompress, wenn sie einen Wortteil symbolisieren („Du bist ein verdammtes A…!“).

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