Berlin/Hamburg. Egon Bahr gilt als Architekt der Ostpolitik in den siebziger Jahren. Er war der Einflüsterer und engste Wegbegleiter von Willy Brandt.

Egon Bahn ist tot. Er war der Einflüsterer von Bundeskanzler Willy Brandt, der Architekt einer deeskalierenden Ostpolitik mitten im Kalten Krieg und der Erfinder des "Wandels durch Annäherung" an die damaligen Staaten des Ostblocks und natürlich an die DDR: Jetzt ist SPD-Legende im Alter von 93 Jahren gestorben.

„Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer haben wir in der letzten Nacht vom Tode Egon Bahrs erfahren“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Die deutsche Sozialdemokratie und viele Menschen in Europa trauerten um einen „mutigen, aufrichtigen und großen Sozialdemokraten, den Architekten der deutschen Einheit, Friedenspolitiker und Europäer“, sagte Gabriel.

Bahr galt zusammen mit Brandt als Architekt der deutschen Ostpolitik. Die Annäherung an Moskau und die DDR war eine wichtige Voraussetzung zur späteren Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas.

Bahr sei ein großer Vordenker mit einzigartiger politischer Tatkraft gewesen. „Er vertraute wesentlich auf die Macht der Freiheit und die Kraft des Gesprächs, das war die Grundlage für den Wandel durch Annäherung", sagte Gabriel.

Bis zuletzt sei Bahr stets ein loyaler und unermüdlicher Ratgeber der SPD gewesen. „Wir werden seine analytische Brillanz, seine Rationalität und Leidenschaft, aber auch sein Temperament und seinen liebenswürdigen Humor sehr vermissen“, betonte Gabriel. „Ich werde Egon auch als Freund und Ratgeber sehr vermissen.“

Egon Bahr war auch Honorarprofessor an der Universität Hamburg und dort langjähriger Leiter des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Bahr war seit den sechziger Jahren ein enger Wegbegleiter von Brandt. Der gelernte Journalist, dessen Mutter jüdische Wurzeln hat, arbeitete unter anderem beim "Tagesspiegel" und beim Rundfunksender RIAS, bevor er Senatssprecher für den Regierenden Bürgermeister Brandt wurde.

Nach dem Beginn der Kanzlerschaft Brandts im Jahr 1969 wurde Bahr dessen Staatssekretär im Bundeskanzleramt und verantwortlich für die neue Ostpolitik. Bahr war außerdem später Bundesminister für besondere Aufgaben und für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Bahr hat aus seiner ersten Ehe zwei Kinder, aus einer späteren Beziehung entstammt eine Tochter. Er heiratete im Jahr 2011 Adelheid Bonnemann-Böhner.

Bahr war erst Ende Juli noch in Moskau und hatte sich dort zusammen mit dem früheren Sowjetpräsidenten Michail Gorbatschow für ein Ende der Entfremdung zwischen Deutschland und Russland in der Ukrainekrise ausgesprochen.