13 Minuten sitzt Sigmar Gabriel auf dem Platz der Kanzlerin. In sensationellen vier Minuten sind alle Beschlüsse gefasst.

Der Stuhl der Bundeskanzlerin wackelt. Allerdings nur der in Bayreuth. In einer Pause während der Auf­führung von „Tristan und Isolde“ gab ein Kaffeehausmöbel unter ihr nach. Ob wegen der Schwere wagnerscher Tonkunst, dem Eigengewicht Angela Merkels, aus Altersschwäche oder einer unglücklichen Kombination aller Umstände ist nicht genau überliefert. Jedenfalls sackte die mächtigste Frau der Welt der Schwerkraft folgend für einen kurzen Moment gen Erdmittelpunkt. Um gleich darauf zu verkünden, dass alles in Ordnung sei.

Weniger gut hat CSU-Chef Horst Seehofer das vierstündige Notengewitter überstanden. Wegen Unpässlichkeit musste er einen anschließenden Empfang – mit Merkel – absagen.

Diese eklatante Schwächeperiode der Union kann der Vizekanzler nicht nutzen. Sigmar Gabriel, Statthalter der Regierung im sommerlichen Berlin, leidet nicht nur unter schlechten Umfragewerten – vor allem bei seinen SPD-Genossen (das Abendblatt berichtete). Er scheint sich auch auf dem echten Stuhl der Kanzlerin nicht besonders wohlzufühlen. Die Kabinettssitzung, die er gestern leitete, war jedenfalls schon nach rekordverdächtigen 13 Minuten vorbei, und bereits nach sensationellen vier Minuten waren alle Beschlüsse gefasst.

Der frühere Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) hatte einst nach seiner Leitung einer Kabinettssitzung während einer Sommerpause von Merkel eine lange Pressekonferenz abgehalten. Ist Merkel nicht im Haus, tanze der Koalitionspartner auf dem Tisch, war damals gespottet worden. Gabriel lud nicht zu einer Pressekonferenz ein. Nichts wie weg.

Die Kanzlerin erholt sich von ihrem Bayreuther Zusammenbruch, der Wagner-Oper, dem Regierungsalltag und Griechenland-Stress wandernd in Südtirol. Quasi wie immer. Und wenn sie nach Hause kommt, steht im Kanzleramt fest und unverrückt ihr Stuhl. Offensichtlich trauen sich weder politische Gegner noch deren Steigerungsform, die Parteifreunde, auch nur im Traum, ein wenig an ihm zu sägen.