Was Sie noch nie über die Hansestadt wissen wollten, finden Sie jetzt auch in einem neuen Buch. Oder Sie fragen gleich mich.

Kennen Sie das auch? Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass ich mir die falschen Dinge merke. Ich vergesse immer wieder mal Geburtstage, Fristen für die Steuererklärung oder den TÜV. Statt dessen weiß ich, dass 1938 in einem Fischernetz in Südafrika der längst ausgestorben geglaubte Quastenflosser entdeckt wurde. Oder dass der Seefahrer Sir Walter Raleigh vor seiner Hinrichtung im Tower 1618 noch eine Tonpfeife rauchte. Solche Dinge, die für Alltag und Karriere völlig nutzlos sind, behalte ich zuverlässig über Jahre.

Deshalb war ich sofort begeistert, als der Emons Verlag eine Reihe über unnützes Städte-Wissen aufgelegt hat. Kürzlich erschienen sind die Ausgaben für Hamburg und Berlin: jeweils 711 erstaunliche Fakten, die bisher in Reiseführern unter den Tisch fielen oder für die sich, anders gesagt, kein Schwein interessierte. Schade eigentlich!

Zwar muss man nun nicht unbedingt wissen, dass sich in Hamburgs Gewässern mehr als 90 Fischarten tummeln oder dass der tägliche Wasserverbrauch pro Person in der Stadt mit 110 Litern um mehr als zehn Prozent niedriger ist als im bundesweiten Durchschnitt (woran mag das liegen?). Interessanter ist, dass in Hamburg 64.250 Hunde leben – nur die angemeldeten, wohlgemerkt – und täglich 12,6 Tonnen Hundehaufen produzieren. Oder dass die Davidwache auf St. Pauli in den 70er-Jahren fast 500 Speise- und Getränkekarten aus den lokalen Clubs archivierte, um geprellte Kunden über die wahren Preise aufklären zu können. In Altona entwickelte Philipp Fürchtegott Reemtsma (1893-1959) als erster die runde Zigarette, eine Neuheit gegenüber der ovalen Orientzigarette. Ach ja: In Hamburg wurde 1787 die erste Wasserschutzpolizei der Welt gegründet. Das ist doch was.

Dafür erschien im Juli 1881 in Berlin das erste deutsche Telefonbuch – mit 185 Einträgen. Auch Berlin birgt nämlich erstaunliches Quastenflosser-
Wissen. Was die Hunde betrifft: In Berlin sind 99.000 gemeldet, insgesamt sollen es fast 200.000 sein. Aus feministischer Perspektive verwerflich: In ganz Berlin findet sich neben den Ampelmännchen kein einziges Ampelfrauchen. Die erste flächendeckende Videoüberwachung in Deutschland wurde Anfang der 1980er-Jahre am Alexanderplatz eingerichtet – vom DDR-Regime (das sollte der Bundesregierung, die der Preisgabe unserer Daten an die US-Geheimdienste so tatenlos zuschaut, zu denken geben: Man kann sich nicht dauernd über DDR und Stasi aufregen und sich dann beim aktuellen BND-Skandal tot stellen). Orte namens ­Berlin gibt es übrigens 118-mal auf der Welt. Der höchste liegt in den argentinischen Anden auf 4500 Meter Höhe – drei Lehmhütten, ein Viehgatter, eine Feuerstelle.

Hamburg ist zwar nur 28-mal auf der Welt vertreten, aber: In Hamburg im US-Bundesstaat Arkansas gibt es jedes Jahr beim Armadillo-Festival ein Gürteltierrennen. Da kann Berlin kaum gegenhalten.

Eine Quelle des Frohsinns mit unnützem Wissen ist übrigens auch die Internetseite unnuetzes.com. Etwa mit der elektrisierenden Nachricht, dass in Wien künftig einige Ampelfiguren zu zweit sind, darunter sogar gleichgeschlechtliche Paare, jeweils mit einem Herzchen. Oder dass der häufigste Vorname in deutschen Chefetagen Wolfgang ist, wie die Business-Plattform LinkedIn unter den Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern ihrer User ermittelt hat; zu den Top Ten gehören auch Christoph, Michael, Thomas, Christian, Andreas, Peter, Markus, Matthias und Martin, aber kein einziger Frauenname.

Unter der Rubrik „Unnützes des Monats“ nennt die „unnuetzes“-Webseite ein Produkt, das an sich so überflüssig ist wie eine Steckdosen-Steuer: eine DVD mit TV-Testbildern (6,99 Euro). Darunter solche, die im deutschen Fernsehen früher bei Störungen gesendet wurden, aber auch Testbilder von Al-Dschasira, US- und osteuropäischen Sendern. Da fällt mir ein: Auf der DVD „Waschmaschinen-Impressionen“ (8,49 Euro) kann man drei verschiedenen Waschmaschinentypen „mit unterschiedlichem Inhalt“ beim Rotieren zusehen. Unnützes Wissen kann abendfüllend sein. Und man weiß ja nie, wann man es doch mal braucht.