Der Wahlkampf nimmt rasant an Fahrt auf. Abendblatt.de zeigt mit sogenannten Word Clouds, wo SPD, CDU, AfD, Grüne, FDP und Linke tatsächlich Schwerpunkte setzen wollen - und wo sie vage bleiben.

Hamburg. Die Delegierten schlugen sich ganze Wochenenden um die Ohren, feilten und stritten um letzte Formulierungen - nun sind alle Linien abgesteckt. Auf insgesamt mehr als 300 Seiten legen die großen Parteien ihre Programme für die kommende Legislatur nach der Bürgerschaftswahl am 15. Februar dar. Sicher ist schon jetzt: Hamburg kann sich verbessern, hat Chancen, daran glauben alle Politiker. Doch welche Agenda steckt wirklich hinter den Programmen? Wo liegen die Prioritäten der Parteien - wo nur schwammige Absichtserklärungen?

Das Abendblatt hat mithilfe des Online-Werkzeugs „Wordle“ den Originaltext der Wahlprogramme von SPD, CDU, Grüne, FDP, Die Linke und AfD analysiert. Das Programm zählt Schlagworte in den Dokumenten der Parteien und zeigt diese nach Häufigkeit in einer grafischen Wolke aus Wörtern an. In diesen „Word Clouds“ lassen sich auf den ersten Blick deutliche Themenschwerpunkte, aber auch bevorzugte Formulierungen der jeweiligen Partei erkennen. Die Auswertung ergab zum Teil starke Differenzen zum Selbstbild der Parteien.

SPD: „Mehr“ Unternehmen, Schule, Forschung

Die SPD betont bereits im Titel ihres neuen Regierungsprogramms das „Wachstum“ und den „Zusammenhalt“ der Stadt als ihre Kernziele. In der Wolke ist zu erkennen, dass die wirtschaftliche Entwicklung zum Markenkern der Hamburger Sozialdemokraten gehört: Das Wort „Unternehmen“ fällt in dem etwa 60 Seiten umfassenden Wahlprogramm mehr als 50-mal, auch der Hafen ist mit 17 Nennungen in der Wortwolke hervorgehoben zu sehen.

Das Schlagwort des Zusammenhalts wird im Text des Programms kaum widergespiegelt, der Begriff gehört ebenso wie “sozial“ oder “solidarisch“ nicht zu den 150 häufigsten Wörtern, die in der Word Cloud abgebildet werden. Priorität legt die SPD stattdessen auf die Bildungs- und Wissenschaftspolitik: Die Begriffe „Schulen“,„Hochschulen“, „Forschung“ und „Wissenschaft“ gehören zu den häufigsten im Regierungsprogramm. Hier wirkt die SPD zumindest in schriftlicher Form dem Eindruck entgegen, die Wissenschaft zu vernachlässigen.

In ihrem Programm verspricht die SPD weit öfter undefinierte Anstiege und Projekte, als dass sie konkrete Zielmarken vorgibt. Das Wort „mehr“ ist mit 74 Nennungen der meistgenannte Begriff in dem Dokument, sieht man von „Hamburg“ und den „Hamburgern“ ab. Aber auch „Prozent“ findet sich als spezifischeres Wort in der Grafik.

CDU: „Chancen“ ohne Scholz und mehr Integration

Die CDU setzt auf den ersten Blick sehr ähnliche Prioritäten wie die SPD: Schulen, Kinder, Wirtschaft und Unternehmen sind die inhaltlichen Top-Begriffe im Wahlprogramm „Hamburg kann mehr“. Das Programm zur Wirtschafts- und Bildungspolitik ist dabei jeweils noch wortreicher erklärt als im Regierungsprogramm der Sozialdemokraten. Die Hochschulen spielen im CDU-Text dagegen eine eher unbedeutende Rolle.

Auffällig im Vergleich zu den anderen Parteien: Die CDU stellt unter den etablierten Kräften das einzige Wahlprogramm, in denen der Begriff der „Integration“ (acht Nennungen im Programm) zu den 150 häufigsten Schlagworten gehört. Die Christdemokraten definieren keinen eigenen inhaltlichen Begriff, das den Kern des eigenen Programms bestimmt - die CDU arbeitet sich ausführlich an „SPD“ (19 Nennungen) und dem „SPD-Senat“ (16 Nennungen) ab.

In der Beschreibung ihrer Ziele benutzt die CDU gemäß dem Titel den Begriff „mehr“. „Chancen“ und „fördern“ sind die positiven, aber unspezifischen Begriffe, mit denen die Partei ihre Absichten für die kommende Legislaturperiode beschreibt.

Grüne: Kinder und Klima

In der Wortwolke des Grünen-Programms ist der Kernbegriff der Umwelt (28 Nennungen) zwar sichtbar, aber nicht sehr prominent vertreten. Dies liegt auch daran, dass der Begriff in vielen Kombinationen auftritt (z.B. Umwelttaxis, Umweltzone). Mit Blick auf die inhaltliche Struktur ist Umweltpolitik dennoch ein klarer Schwerpunkt. Die andere deutliche Priorität liegt bei Schulen und Kindern.

Die Grünen nennen als einzige Partei „Frauen“, „Teilhabe“ und „Vielfalt“ häufig in der Beschreibung ihrer inhaltlichen Ziele. Die Hochschul- und Wissenschaftspolitik findet nach der Analyse mit der Wortwolke keinen großen Niederschlag im Wahlprogramm.

Die Linke: Öffentliche Kultur, Armut und Bundeswehr

Im Wahlprogramm der Linke ist die Besinnung auf einen starken Staat sichtbar. „Öffentlich“ und „öffentlichen“ sind neben den Stadtbegriffen die am häufigsten vorkommenden Wörter in dem Dokument, gefolgt von „fordern“ und „müssen“.

Auch der Markenkern der Linken ist in der starken Nennung von „sozial“ und „sozialen“ (26 Nennungen) zu erkennen. „Armut“ und „Bildung“ sind die häufigsten inhaltlichen Schlagworte im Programm der Linke, auch „Kultur“ ist mit 16 Nennungen eines der wichtigsten Themen im Programm.

Obwohl es sich hierbei eher um bundespolitische Themen handelt, wird auch die Bundeswehr im Wahlprogramm der Linken (12 Nennungen) ausführlich behandelt. Gleiches gilt für Hartz IV (11 Nennung), dessen Abschaffung die erste Forderung des Programms ist.

AfD: Mittelstand, Sicherheit, Integration

Die Alternative für Deutschland (AfD) verabschiedete ihr Programm nach einiger Kontroverse. In der Wortwolke sind vier Schwerpunkte zu sehen, die jeweils mit einer bestimmten Gruppe oder genaueren Definition verknüpft sind. Zugehörig zum Schlagwort „Bildung“ sind bei der AfD etwa die „Gymnasien“ (10 Nennungen) hervorgehoben, das Thema Wirtschaft wird von dem Schlagwort „Mittelstand“ (acht Nennungen) begleitet.

Im dritten inhaltlichen Schwerpunkt, der Innenpolitik, werden hauptsächlich die Wörter “Islamismus“ und „Linksextremismus“ (je sieben Nennungen) genannt. Auch ein Augenmerk auf Asyl- und Flüchtlingspolitik ist in den Begriffen „Asyl“, „Einwanderung“ zu erkennen - die AfD setzt dabei begrifflich am stärksten auf das Schlagwort der Integration (neun Nennungen).

Die AfD schreibt ihrem Programm am häufigsten von „fordern“ und wählt somit eine entschiedene Ansprache, auch „Leitlinien“ findet sich als Top-Begriff in der Wortwolke wieder. Außerdem ist im Gegensatz zu allen anderen Parteien das Wort „Gender“ zu sehen.

FDP: Unternehmen über alles

Die Wortwolke der FDP ist auf Anhieb als solche zu erkennen: Die „Unternehmen“ bilden den klaren Schwerpunkt, auch „Wettbewerb“ ist prominent vertreten und kommt 17-mal in dem Dokument vor.

Anzeichen auf einen sozial-liberalen Kurs gibt es nach den Daten der Wortwolke dagegen kaum. Neben der Wirtschaftspolitik werden einzig Hochschulen als weiteres inhaltliches Schlagwort häufig genannt.