Zum Fall Edathy

Edathy hatte seinen Auftritt. Die Kinder, die in Nacktaufnahmen oder kinderpornografischen Darstellungen ihre Haut zu Markte tragen müssen, haben dafür ihre Last fürs Leben. Sie können nicht Nein sagen, weil andere über sie bestimmen – unter anderem ihre Kunden. Edathy weiß das. Diese Schuld wird er nicht mehr los, auch unabhängig eines Gerichtsverfahrens. General-Anzeiger (Bonn)

Wenn wahr ist, was Edathy behauptet, war der Kreis der Mitwisser in der SPD und speziell der SPD-Fraktion im Bundestag größer als bisher von den Verantwortlichen eingeräumt. Dann wurde Edathy aktiv aus Genossenkreisen vor Ermittlungen gewarnt. Der Verdacht, dass hier – aus kollegialer Solidarität oder zum politischen Selbstschutz – einer Strafvereitelung Vorschub geleistet wurde, ist noch stärker als zuvor. Stuttgarter Zeitung

Edathys Verhalten war mindestens fragwürdig, er hat sich in hohem Maße angreifbar gemacht, daran besteht kein Zweifel. Doch schon direkt hinter dieser Erkenntnis beginnt die Grauzone. Was jetzt unter der Überschrift Sachaufklärung läuft, verdeutlicht die Hilflosigkeit der Beteiligten. Auf den ersten Blick geht es um Aufklärung und Wahrheitsfindung. In Wahrheit aber um Moral, Anstand, Integrität, um Werte jenseits des politischen Betriebs in Berlin. Um den Grenzbereich dessen, was sich juristisch präzise aufarbeiten lässt. Handelsblatt

Ohne Zweifel: Der Auftritt von Edathy war kaltschnäuzig und selbstgefällig. Von wirklichem Bedauern über sein Verhalten keine Spur. Aber all das ist nachrangig, unwichtig im Vergleich zur eigentlichen staatspolitischen Dimension des Skandals. Thomas Oppermann hätte schon zurücktreten müssen, als Hans-Peter Friedrich dies tat. Schließlich hatte er in der Sache Edathy nachweislich bei BKA-Chef Ziercke angerufen und so getan, als stünde die SPD über dem Staat. Das war unappetitlich und ließ jegliche rechtsstaatliche Hygiene vermissen. Auch so kann man Parteienverdrossenheit befördern. Thüringische Landeszeitung