Mit einem weiteren Propagandavideo will die Terrormiliz IS Angst und Schrecken verbreiten. Die Aufnahmen zeigen die Enthauptung zahlreicher Gefangener. Auch der US-Bürger Kassig ist unter den Opfern.

Tunis/Washington. Die Terrormiliz Islamischer Staat hat einen weiteren US-Bürger als fünfte ausländische Geisel ermordet. Die USA bestätigten am Sonntag die Echtheit eines im Internet verbreiteten IS-Videos. Die Aufnahme zur Enthauptung des US-Bürgers Peter Kassig zeigt auch eine brutale Massenhinrichtung gefangener Soldaten. US-Präsident Barack Obama verurteilte das Verbrechen und sprach Kassigs Familie sein Beileid aus.

Der aus Indianapolis (Indiana) stammende Entwicklungshelfer habe einen „unzähmbaren Geist des Guten und der Ausdauer“ in sich getragen, erklärte Obama auf seiner Rückreise vom G20-Gipfel in Australien. Seine Entführung durch IS-Terroristen sei ein Akt des puren Bösen gewesen. IS-Extremisten hatten zuvor in den vergangenen Monaten bereits die beiden Amerikaner Jim Foley und Steven Sotloff sowie die Briten David Haines und Alan Henning ermordet.

Der 26-Jährige Ex-Elitesoldat Kassig arbeitete nach Angaben seiner Eltern als Entwicklungshelfer in Syrien, als er am 1. Oktober 2013 in Dair as-Saur im Osten des Landes entführt wurde. Die Eltern baten die Medien am Sonntag um einen zurückhaltenden Umgang mit dem Video. „Die Familie bittet die Medien, den Geiselnehmern nicht in die Hände zu spielen, indem sie Bilder oder das Video der Entführer veröffentlichen“, teilten Ed und Paula Kassig über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

In dem Video werden auch Enthauptungen syrischer Soldaten gezeigt - vermutlich in Nordsyrien. Ein vermummter Dschihadist richtet in englischer Sprache mit britischem Akzent eine Botschaft an Präsident Obama, in der er sagt, dass Kassig US-Soldat gewesen sei und den US-Truppen ähnliches widerfahren werde. Erneut machte die Terrorgruppe ihre Expansionsansprüche deutlich: auf Saudi-Arabien, Libyen oder auch Europa.

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Kassig leistete nach Angaben der „Washington Post“ Armeedienst beim bekannten 75. Ranger Regiment. Der Infanterist habe mit seiner Einheit von April bis Juli 2007 im Irak gedient. Nach seinem Ausscheiden aus der Armee habe Kassig begonnen, Politikwissenschaft zu studieren. Er beteiligte sich an Hilfsprojekten für Syrien. Der aus Indianapolis (Indiana) stammende Kassig trat während seiner Gefangenschaft zum Islam über, wie der Sender CNN berichtete.

In einem bewegenden Abschiedsbrief hatte Kassig sich aus seiner Gefangenschaft an seine Eltern gewandt, die das Schreiben Mitte Oktober veröffentlichten.„Wenn ich sterben sollte, findet Ihr wohl wenigstens Trost und Zuflucht in dem Gedanken, dass ich in dem Bemühen davonging, Leid zu lindern und Bedürftigen zu helfen“, schrieb er. Er bedankte sich bei seinen Eltern und schrieb, dass er bei ihnen sei. Kassigs Eltern hatten lange für die Freilassung ihres Sohnes gekämpft.

Der prominente US-Senator Dick Durbin bezeichnete das Video als tragische Erinnerung an die Bestialität der IS-Kämpfer. Trotzdem sei eine Entsendung von US-Kampftruppen am Boden keine Lösung, um dem Konflikt in Syrien beizukommen. Dies wäre ein„ernsthafter Fehler“, sagte der Demokrat am Sonntag im CNN-Interview. Die USA hätten im Irak und in Afghanistan ihre Lektion gelernt. Um IS zu besiegen, seien Kämpfer aus der Region nötig, die ausgebildet, ausgerüstet und mit Luftschlägen unterstützt werden müssten.

Eine von den USA angeführte internationale Allianz fliegt seit Anfang August im Irak und seit Ende September auch in Syrien Luftangriffe gegen die Extremisten. Dennoch stellte eine unabhängige Untersuchungskommission in einem am Freitag veröffentlichten Bericht für den UN-Menschenrechtsrat fest, dass die Kampfkraft des IS in Syrien größer geworden sei. Die USA wollen eine neue Phase im Krieg gegen den IS einleiten.

Am Wochenende besuchte US-Stabschef Martin Dempsey erstmals seit Beginn der internationalen Luftangriffe gegen die Dschihadisten die irakische Hauptstadt Bagdad. Dempsey beriet mit irakischen Politikern und Sicherheitsvertretern über die nächste Etappe zur Niederschlagung des IS.

Ein als „Jihadi John“ bezeichneter IS-Extremist, der an mindestens vier Geisel-Enthauptungen beteiligt ist, soll angeblich bei einem Luftangriff verletzt worden sein. Der mutmaßlich aus London stammende Mann habe in der Ortschaft Al-Kaim im Westirak an einem Treffen von Stammesältesten teilgenommen, berichte die britische „Mail on Sunday“ am Sonntag unter Berufung auf anonyme Quellen. Bei einem Angriff irakischer und US-amerikanischer Kampfjets sei er verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden. Das Londoner Verteidigungsministerium bestätigte den Bericht zunächst nicht.