Die Deklination der Monatsnamen ist eine überaus wechselhafte Angelegenheit. Jeder Monat turnt auf seine Weise durch die Grammatik

Bleiben wir bei der Deklination und wenden uns heute der Beugung der Monatsnamen zu. Das Wort Monat kommt vom Mond, angelehnt an die germanische Zeitbestimmung des Monats nach den zwölf Mondphasen im Jahr. Die Namen, wie sie heute im Kalender stehen, waren in Deutschland nicht immer üblich, und regional sind sie es teilweise auch jetzt noch nicht. Sicher haben Sie schon einmal die Bezeichnung Hartung gehört, die den Eismond oder den Jänner, wie er in Österreich heißt, beschreibt. Eigentlich ist der Name Eismond viel anschaulicher als der Januar, der von den Römern übernommen worden ist. Seit 153 v. Chr. wurde in Rom das Jahr nicht mehr von März bis Februar, sondern von Januar bis Dezember gezählt, und Janus, der Gott der Türen und Tore, stand Pate für den ersten Monat des neuen Jahres, der demnach der „Eingangsmonat“ des Jahres war.

Der Mai war der Wonnemond, was sich bis heute in der etwas abgegriffenen Bezeichnung Wonnemonat Mai erhalten hat. Wer diesen Begriff erfunden hat, wird wohl aus dem Breisgau stammen, wo die Leute angeblich bereits im Bikini herumlaufen, wenn hier hinter dem Knick gerade die letzten Schneereste schmelzen.

Die Monatsnamen, wie wir sie heute kennen, werden stark flektiert. Man möchte gleich vermuten, dass eine so klare Aussage in der deutschen Grammatik schlichtweg nicht möglich ist. Denn es gibt Besonderheiten. Dass das Dativ-e wegfällt, überrascht nicht. Man sagt im Januar und seit Grimmelshausen nicht mehr „im Januare“. Auch die Genitiv-Endung ist so gut wie verschwunden, wenn auch nicht unbedingt falsch. Man hört im Allgemeinen „die kalten Tage des Januar“ oder „die Hitze des Juni“ und nicht „des Januars“ oder „des Junis“. Aus wessen Mund besonders konservative Formen kommen, der darf das Genitiv-s natürlich setzen. Tritt jedoch das Tagesdatum hinzu, sollte das -s immer wegbleiben (muss aber nicht): des 12. Januar[s], des 6. Juni[s]. Um die Sache nicht zu einfach werden zu lassen, müssen wir mitteilen, dass die Monatsnamen auf -er die Genitiv-Endung zu bewahren pflegen: des Septembers, des Oktobers, des Novembers, des Dezembers.

Der März ist ein Sonderfall. Der Name dieses Monats endet mit einem Zischlaut, was im Genitiv heute selten zu einem doppelten Zischen führt. Man lässt die März-Endung einfach weg: des März. Cäsar machte an den Iden des März (15. März) des Jahres 44 v. Chr. große Augen, als sein Zögling Brutus im Senat den Dolch gegen ihn zückte. Wer seiner Zunge viel abverlangt, sagt vielleicht noch des Märzes. Überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist jedoch die Form des Märzen. Sie stammt aus einer Epoche, als der März schwach dekliniert worden ist. So schwach sehen selbst die ältesten Mitbürger den dritten Monat nicht mehr, es sei denn, sie singen das Volkslied „Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt“. Auch hier die Vermutung, dass das Versmaß eine Silbe mehr benötigt hat.

Mai und August haben die Genitiv-Endung -[e]s. Die Flexion des Maien ist hoffnungslos veraltet. Die endungs- und artikellose Form der Monatsnamen steht immer dann, wenn ein Substantiv vorangeht: Anfang Juli, Mitte August, Ende Oktober. Auch wenn die Monatsnamen wie eine Apposition beim „Monat“ stehen, bleiben sie unflektiert: des Monats Januar.

Glücklicherweise gibt es jeden Monat nur einmal im Jahr, sodass der Plural hier überflüssig erscheint. Und doch – ganz ohne Plural kommen auch die Monate nicht aus, etwa wenn ich sage: Alle „Augusts“, die ich bisher erlebt habe, waren kälter als erwartet. Das ist falsch – grammatisch und unter Umständen auch meteorologisch gesehen. So eigenartig es klingt: Der Plural von August lautet die Auguste, ebenso die Januare, die Februare, die Märze, Aprile oder Maie. In der Mitte des Jahres macht das Plural-s sich bemerkbar: die Junis, die Julis. Wenn es Herbst wird, werden nicht nur die Tage kürzer, sondern auch die Monatsnamen im Plural. Die Endung fällt weg: die September, die Oktober, die November, die Dezember. Also: Alle Maie vor 200 Jahren waren kühler, dafür aber alle Dezember wärmer als heute.

Jeder Monat hat also eine eigene grammatische Wetterlage. Claudia Kleinert würde sagen: „Die Aussichten sind wechselhaft!“

Der Verfasser, 73, ist „Hamburgisch“-Autor und früherer Chef vom Dienst des Abendblatts. Seine Sprach-Kolumne erscheint dienstags