Die Zusammenlegung der Dienststellen ist ein Fehler

Eine Frau wird in ihrer Wohnung in Alsterdorf ermordet. Doch die Polizei ignoriert Hinweise, die auf ein Kapitaldelikt deuten. Sie lässt die Leiche abtransportieren, nimmt in Kauf, dass Spuren verloren gehen. Statt die Tote zu begutachten, wurde der Fall per Ferndiagnose am Telefon bearbeitet – mit verheerendem Ausgang nicht nur für die Ermittlungen, auch für das Ansehen der Polizei.

Nur die Fehlentscheidung eines Beamten? Nein, dahinter verbirgt sich ein strukturelles Problem. Im Zuge der Umstrukturierungen bei der Kripo wurden die Abteilungen Todesermittlung und Mordkommission zusammengelegt. Mit weitreichenden Folgen: Die Beamten klagen über die hohe Belastung und zu wenig Personal. Knapp die Hälfte der Ermittler spielt mit dem Gedanken, sich versetzen zu lassen.

Das Problem: Die Polizei hat zwei Dienststellen zusammengelegt, die zwar beide wichtig für die Aufklärung von Tötungsdelikten sind, deren Arbeit sich aber nicht vergleichen lässt. Die Zusammenlegung ist ein Fehler. Eine Leiche mit kriminalistischem Sachverstand zu begutachten ist eine völlig andere Aufgabe, als die Hintergründe eines tödlichen Beziehungsstreits aufzuschlüsseln. Das beginnt schon bei der Fähigkeit, „leichenfest“ zu sein, also psychisch wie physisch mit Toten umgehen zu können. Um wenige Stellen einzusparen, wurde an der falschen Stelle gespart.

Die Polizei sollte sich nicht von der geringen Zahl der Tötungsdelikte blenden lassen. Auch wenn seit 20 Jahren die Zahl der Tötungsdelikte generell sinkt, heißt das nicht, dass gewachsene Strukturen überflüssig geworden sind. Im Gegenteil: Sie aufzubrechen bedeutet, wie der aktuelle Fall zeigt, anfällig für Fehler zu werden. Allein mit dem Rückgang von Fallzahlen Umstrukturierungen zu begründen, ist eine riskante Methode. Die Polizei ist stolz auf die mit 95,8 Prozent hohe Aufklärungsquote bei Straftaten gegen das Leben. Sinkt dieser Wert jedoch, schwindet auch das Vertrauen in die Polizei.