Der SPD-Fraktionschef war wegen des Anrufs bei Ziercke Anstiftung zum Geheimnisverrat vorgeworfen worden. Oppermann bedauert Friedrichs Rücktritt. Dennoch droht CSU-Chef Seehofer mit einem Untersuchungsausschuss.

Berlin. Der wegen der Edathy-Affäre stark unter Druck geratene SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ist durch entlastende Angaben des Bundeskriminalamtes gestärkt worden. „Ich kann in diesem Gespräch keine strafrechtliche Relevanz erkennen: Ich habe nichts offenbart und Herr Oppermann hat nicht versucht, mich aktiv dazu zu verleiten“, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke am Mittwoch nach einer Befragung im Bundestags-Innenausschuss. Oppermann hat demnach am 17. Oktober Ziercke angerufen und von Informationen berichtet, dass der Name des SPD-Politikers Sebastian Edathy bei Kinderpornografie-Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Oppermann war wegen des Anrufs beim BKA-Präsidenten Anstiftung zum Geheimnisverrat vorgeworfen worden.

Oppermann selbst äußerte mit Blick auf scharfe Kritik der Union sein Bedauern über den Rücktritt des CSU-Ministers Hans-Peter Friedrich. „Mir tut aufrichtig leid, dass durch meine Veröffentlichung Hans-Peter Friedrich zum Rücktritt gebracht wurde“, sagte er am Rande seines Auftritt zur Affäre Edathy im Innenausschuss des Bundestags. Die Union ist sauer, weil mit Friedrich ein CSU-Minister wegen der Affäre um einen SPD-Politiker zurücktreten musste.

Union und Opposition sehen jedoch dennoch weiteren Aufklärungsbedarf, CSU-Chef Horst Seehofer drohte mit einem Untersuchungsausschuss des Bundestags. Zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte er am Dienstagabend Auswege aus der Koalitionskrise erörtert. „Die Aufklärung muss vollständig sein – notfalls auch bis hin zu möglichen personellen Konsequenzen“, sagte der CSU-Chef am Mittwoch. Die SPD will sich einem Untersuchungsausschuss nicht verschließen. „Ich finde das nachvollziehbar, wenn ein solcher Untersuchungsausschuss gefordert wird“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

Der Name des damaligen SPD-Abgeordneten Edathy fiel laut Ziercke erst am 15. Oktober 2013 der Polizei im niedersächsischen Nienburg in Beweismaterial aus Kanada unter anderem zu Kinderpornografie auf. Das BKA habe das Material zu etwa 800 deutschen Kunden 2011 erhalten. Erst durch den Rückruf eines Beamten aus Nienburg habe das BKA am 15. Oktober erfahren, dass Edathy auf der Liste stand, sagte Ziercke.

Tags drauf habe er pflichtgemäß den damaligen Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche in Kenntnis gesetzt. Fritsche informierte den damaligen Bundesinnenminister Friedrich, der wiederum SPD-Chef Gabriel davon unterrichtete. Dieser weihte dann den damaligen SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Oppermann, damals Fraktionsgeschäftsführer ein. Einen weiteren Tag später, am 17. Oktober, rief Oppermann, dann Ziercke an. Am gleichen Tag vereinbarten Union und SPD gemeinsame Koalitionsverhandlungen.

Friedrich habe moralisch richtig gehandelt

„Ich war wirklich überrascht“, sagte Ziercke über dem Anruf. Das SPD-Mitglied wies den Eindruck zurück, dass es sich um ein Gespräch zwischen Parteifreunden gehandelt habe. Er habe sich bei dem Telefonat verordnet, nichts zu kommentieren. Oppermann habe betont, er wolle ihn als BKA-Chef nicht in Schwierigkeiten bringen. Ziercke räumte ein, „dass ich seine Darstellung auch nicht dementiert habe“. Oppermann habe dies womöglich als Bestätigung aufgefasst.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), betonte, weder im Bundesinnenministerium noch im BKA seien Fehler gemacht worden. Auch Friedrich habe moralisch richtig gehandelt, weil er Schaden von Deutschland im Fall einer Benennung Edathys für ein Regierungsamt im Zuge der Koalitionsverhandlungen abwenden wollte.

Friedrich war zurückgetreten, weil er Gabriel über das Auftauchen von Edathys Name informiert hatte. Er hatte danach aber indirekt auch mangelnden Rückhalt durch die Union bemängelt. Bis heute hat Merkel nicht erklärt, warum es am vergangenen Freitag binnen weniger Stunden bei ihr zu einem Sinneswandel gekommen ist. Zunächst sollte Friedrich nur das Amt verlieren, wenn es zu Ermittlungen gegen ihn kommt, dann trat er Freitagabend zurück.

„Dass das ein zeitlicher Zufall ist, daran glaube ich nicht“

Die Union hatte danach Oppermann ins Visier genommen, er hatte mit der Erklärung, wer wann etwa von dem Verdacht gegen Edathy erfahren hat, die Koalitionskrise ausgelöst. Er hatte den Wortlaut allerdings zuvor Friedrich mitgeteilt, zudem drohten Medien-Enthüllungen.

Der Ausschuss ging laut seines Vorsitzenden Wolfgang Bosbach (CDU) auch der Frage nach, warum ein Brief der Staatsanwaltschaft über geplante Ermittlungen gegen Edathy geöffnet bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ankam. Eine Befragung von Bundestagsdirektor Horst Risse habe ergeben, dass ein erster Verschluss nicht gehalten habe und versucht worden sei, den Brief nochmals zu schließen. Edathy habe sein Mandat erst kurz nach Absenden des Briefs niedergelegt, so Bosbach. Edathy hatte dafür gesundheitliche Gründe angeführt. „Dass das ein zeitlicher Zufall ist, daran glaube ich nicht“, so Bosbach.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den SPD-Politiker wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischen Materials.