Standort Neugraben soll wegen eines zu hohen Investitionsbedarfs bis spätestens 2023 abgewickelt werden. Der Grundschulbereich wird an den Standort Falkenbek verlagert.

Neugraben. Für viele Lehrer und Eltern von Schülern der Katholischen Schule Neugraben (KSN) haben sich am Freitag die schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. Jener Tag, an dem der Katholische Schulverband im St. Ansgarhaus von St. Georg ein 60 Millionen Euro schweres Investitionsprogramm für seine große Schuloffensive präsentierte, wurde für die KSN an der Cuxhavener Straße 379 zum schwärzesten Tag seiner Geschichte. Denn nun steht fest: Der Standort wird bis 2023 abgewickelt.

"Der Stadtteilschulzweig der Katholischen Schule Neugraben wird aus baulichen und ökonomischen Gründen aufgegeben. Extrem hohe Investitionskosten von 15 bis 20 Millionen Euro lassen für diesen Standort, auch im Hinblick auf das Gesamtsystem, keine andere Entscheidung zu", sagt Volker Reitstätter, der für Bau und Finanzen zuständige Dezernent. Bestehen bleibt lediglich der Grundschulbereich, der an den Standort Falkenbek verlagert wird und mit insgesamt 1,5 Millionen Euro ertüchtigt werden soll. Ab dem Schuljahr 2014/2015 dürfe die Stadtteilschule keine fünften Klassen mehr bilden und laufe dann sukzessive aus.

Kollegium und die Schulleitung zeigten sich tief betroffen von der Entscheidung. Wolfgang Pickartz, der kommissarischer Schulleiter: "Das Ganze ist ein Wahnsinn. Wir sind wütend, traurig und entsetzt über die unfassbare Geringschätzung der hier seit Jahren geleisteten pädagogischen Arbeit. Mit mehr als 700 Schülern ist die KSN immerhin der viertgrößte Standort und ein wichtiger Bestandteil des katholischen Schulverbunds südlich der Elbe."

Dass eine katholische Organisation sich so positioniere, könne Pickartz nicht nachvollziehen. Auch und gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Papstwahl. Der neue Pontifex Franziskus stehe für eine bewusste Hinwendung zu den Benachteiligten. "Der Schulverband Hamburg aber schließt eine Schule in Randlage mit ausgewiesenen sozialen Brennpunkten. Wie das mit dem pastoralen Auftrag unserer Kirche in Einklang zu bringen ist, bleibt mir ein Rätsel", so Pickartz.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Elternvertreter Thomas Hartwig. Das Abendblatt erreichte den selbstständigen Unternehmer auf einer Dienstreise im polnischen Stettin. "Hat Papst Franziskus seine Kardinäle nicht aufgefordert dahin zu gehen, wo es wehtut?", fragt Hartwig. Doch der zuständige Verwaltungsratsvorsitzende des Schulverbands, Dompropst Franz-Peter Spiza, komme nicht einmal persönlich nach Neugraben, um Lehrern und Eltern die Abwicklung der Schule persönlich zu erklären, sondern lasse sie mit all ihren Fragen und Ängsten allein.

Für Hartwig kommt die Schließung des Standorts indes nicht überraschend. Der Schulverband hätte der Schule schon lange zuvor den Rücken gekehrt. "20 Jahre ist nicht mehr investiert worden. Durch seine Untätigkeit hat der Verband eine Sachlage geschaffen, die vermutlich gar keine andere Entscheidung mehr zuließ." Die Begründung für das Aus sei deshalb ein Armutszeugnis, das auch von einem hohen Maß an Inkompetenz zeuge.

Hartwig geht in seiner Kritik aber noch weiter. Ob sich mit der Zerstörung einer gewachsenen Schulstruktur ein lebendiger Kirchenstandort in Neugraben erhalten lasse, sei äußerst fraglich. Auch deshalb stehe diese Entscheidung dem katholischen Schulverband alles andere als gut zu Gesicht. "Zugunsten von Hochglanzstandorten hat der Verband die notwendige Basisarbeit sträflich vernachlässigt", sagt Hartwig.

Lehrer und Eltern wollen das Votum des Erzbistums aber nicht kampflos hinnehmen. Bereits am Dienstag nach Pfingsten soll es ein Treffen geben, bei dem konkrete Aktionen besprochen werden, wie man sich bei den Verantwortlichen des Katholischen Schulverbands nachhaltig Gehör verschaffen kann. "Jetzt müssen wir unser Mandat nutzen, um zu retten, was noch zu retten ist" sagt Thomas Hartwig und vermutet, "dass da noch viel Frust hochkochen wird". Auch und vor allem bei den Lehrkräften. "Obwohl der Verband garantiert hat, dass keine Lehrer entlassen werden, wachsen nun die persönlichen Ängste vieler Lehrkräfte, da viele auch privat in Neugraben verankert sind", sagt Wolfgang Pickartz.

Deshalb hoffen Lehrer und Eltern jetzt auch auf die Politik. Zuletzt waren Vertreter von SPD und CDU auf den "Krisenherd KSN" aufmerksam geworden und hatten ihre Unterstützung zugesagt. "Wir hatten bis zuletzt gehofft, dass die Probleme gelöst werden können", so die schulpolitische Sprecherin der Harburger CDU-Fraktion, Helga Stöver: "Ein Ende der Katholischen Schule Neugraben wäre auch ein großer Verlust für den Stadtteil. Deshalb müssen wir sehen, was da noch möglich ist."