1800 Besucher feiern in Ahrensburg 27 Konzerte an 19 verschiedenen Orten. Zur Eröffnung spielten die Rattles. Ein rundum gelungenes Musikspektakel.

Es ist Sonnabendnachmittag, die Sonne scheint, überall sind Menschen unterwegs. Sie haben alle ein Ziel: Sie wollen zu den Rattles, zum Eröffnungskonzert der siebten Ahrensburger Musiknacht in der Holzhandlung Wulf. Einmal im Jahr strömen die Fans aus ganz Stormarn und Hamburg in die Schlossstadt. Diesmal geben 100 Musiker ihr Bestes, an 19 verschiedenen Orten.

Noch ist die Schlange am Eingang kurz. Aber sie wird länger, je näher der Auftritt der Alt-Stars rückt. Drinnen duftet es nach Holz. Die Bohlen stapeln sich fast bis zur Decke. Jetzt ist auch die Halle voll. "Wir müssen Nachschub besorgen. 1000 Bändchen sind schon weg", sagt Initiatorin Felizitas Thunecke. Ohne Bändchen kein Einlass.

Als die Rattles kommen, brandet Jubel auf. Mit Hits wie "Hotter than hell" oder "Come on and sing" begeistern sie die Menge. Elsabea Rohrmann aus Hamburg ist mit Freunden gekommen. "Ich bin zum ersten Mal hier und finde es klasse", sagt sie. "Es ist schon etwas Besonderes, in einer Holzhandlung zu spielen", sagt Gitarrist Manne Kraski nach getaner Arbeit, mit Schweißhandtuch um die Schultern, und gibt Autogramme. Bürgermeister Michael Sarach grinst Schlagzeuger Dicky an. "Wissen Sie, dass wir so ähnliche Namen haben", sagt Sarach zu Tarrach.

Die leisere Eröffnung des Musikspektakels ist zu diesem Zeitpunkt schon vorbei. Auch im Rosenhof war der Saal voll, 190 Besucher, ausverkauft: Es ist Kaffee- und Kuchenzeit. Jüngere Leute, aber vor allem Herrschaften mit weißen Köpfen schauen gebannt nach vorn. Von dort kommen vertraute Klänge. "Bei mir biste schön", singt Peter Petrel, während der Ahrensburger Pianist Gottfried Böttger in die Tasten haut und Kontrabassist Jürgen Attig alles rausholt. Die Senioren singen zaghaft mit.

"Sehr schön. Das ist unsere Musik von damals", sagt Gertraude Flucke. Die Dame ist 87 Jahre alt und wohnt seit 24 Jahren im Rosenhof. Und dann servieren die Musiker, die sich als begeisterte Opas outen, den berühmten "Rollmops" - ein Song der Hamburger Renterband, in der sie in den 70er-Jahren mitgemischt haben. Petrell reiht kunstfertig Silben und Laute aneinander. "Das nennt man scatten", sagt er. "Immer gut, wenn man den Text vergessen hat." Gertraud Flucke ist begeistert. Aber jetzt noch durch Ahrensburg zu ziehen ist nicht drin. "Die Zeiten sind vorbei", sagt auch Margot Otte, 87.

Auf den Straßen in der Innenstadt sind mittlerweile immer mehr Menschen unterwegs. Auch in der Stadtresidenz ist was los. Der 85-jährige Hans-Jürgen Tams kann nicht anders und bittet die 19 Jahre alte Sängerin der Jazzcombo der Stormarnschule in der Stadtresidenz um ein Tänzchen.

Eine Straße weiter bei Betten Bubert spielt Peter Crow C. Duo. Hierhin hätten die alten Damen aus dem Rosenhof ruhig mitkommen können. Jede Menge federnde Matratzen stehen bereit. Auf einer mit einem quietsch-rosafarbenen Laken hüpft Christine Schauer. "Ich bin mit meinen Eltern hier und mit Freunden. Die Stimmung ist super. Nicht so anonym", sagt die Ahrensburgerin und klatscht mit, als sich musikalisch ein Zug in Gang setzt. Genauso wie der kleine Yoel, der sich auf einem Kissen vergnügt, das aussieht wie ein Kaktus. "Ich finde es auch unglaublich, wie vertrauensvoll die Atmosphäre ist", sagt Christine Schauer. Bei Home und Cook liege alles offen rum. "Und keiner hat Angst, dass etwas wegkommt."

Stimmt nicht ganz. Bei Home und Cook kocht die Stimmung gegen 23 Uhr hoch. Und da muss auch eine Bratpfanne dran glauben, die sich Posaunist Thomas Noeell von den Paperclips schnappt - allerdings nur als Requisite. So eine kleine Kampfeinlage mit der Saxofonistin Christiane Adler kommt gut an. Die Rathausband spielt, und zwischen Kaffeemaschinen und Töpfen wird auf kleinster Fläche gehottet.

Zur selben Zeit ist Pianist Guy Weber im Casa Rossa voll in Aktion. Stimmung auch im Zeitlos. Hier spielen die Indigo Rocks. Sabine Linke aus Ahrensburg ist begeistert. "Die Rattles fand ich am besten. Aber das Bier hier schmeckt mir auch", sagt sie. "Essen und Trinken und dann auch noch Musik, das ist toll."

Es ist die Mischung, die das Ahrensburger Event auszeichnet. Dazu gehört auch, dass nicht nur bekannte Bands für volle Häuser sorgen. Viele zumeist junge Zuhörer sind gekommen, um Jeden Tag Silvester in der Sparkasse Holstein zu erleben. 2010 schafften es die vier Jungs aus dem Kreis Stormarn bis ins Finale des Nachwuchswettbewerbs MusicStorm. "Das sind jetzt richtige kleine Profis geworden", sagt Kerstin Heilmann aus Hamburg-Volksdorf.

Altbekannt ist Pfefferminz, und Vollprofis sind sie auch. Der Sänger "Hebby" ist total erkältet, gibt aber alles. Das Ehepaar Maria und Hans-Jürgen Sparr aus Delingsdorf hält es nicht. Sie tanzen, bis sie außer Atem sind.

Einige wandern ab, um noch Michy Reincke im Park Hotel mitzukriegen. Der Saal ist proppenvoll. "Taxi nach Paris" ertönt. Alle gröhlen mit. Und dann kommen die Stimulators. Sie rocken los. Einer aus der Menge ruft "Brazil". Nun wird es südamerikanisch. Nach Samba kommt Soul. Und dann die After-Show-Party. Acht Bands sind in Action. Auch Gottfried Bötter und Peter Petrell mischen mit. Die Jungs von der Rentnerband sind putzmunter. Das Publikum auch. Erst gegen 5 Uhr morgens ist die lange Musiknacht zu Ende.