Fast zwei Wochen waren Zyperns Geldinstitute geschlossen, jetzt können Bankkunden auf der von der Pleite bedrohten Insel endlich wieder Geldgeschäfte tätigen. Doch die Stimmung bleibt angespannt.

Nikosia. Die Banken im pleitebedrohten Zypern haben am Donnerstag nach einer zwölftägigen Zwangspause erstmals wieder geöffnet. Vor den Bankfilialen bildeten sich am Morgen lange Schlangen von Bankkunden, bevor die Türen der Geldhäuser um 12 Uhr Ortszeit geöffnet wurden.

Vor dem Hintergrund eines drohenden Staatsbankrotts hatte die Regierung die Schließung der Banken angeordnet, um eine Kapitalflucht zu verhindern. Seit Mitte März war die Bargeldversorgung nur noch an Geldautomaten möglich. Andere Bankgeschäfte ruhten.

Mit der Wiederöffnung können die Zyprer erstmals wieder Bankgeschäfte in den Filialen erledigen. Vor den Zweigstellen in der Hauptstadt Nikosia warteten Menschen ungeduldig auf Einlass. Dank der Warnungen, die seit Stunden im Radio und im Fernsehen ausgestrahlt werden, blieb ein Massenansturm auf die Banken aber zunächst aus.

Die ersten Minuten nach der mit Spannung erwarteten Wiedereröffnung haben die Banken offenbar gut überstanden. „Alles läuft gut. Ich bin zufrieden“, sagte der zyprische Abgeordnete Prodoromos Prodromou. Der Politiker stand auf dem zentralen Eleftherias Platz im Zentrum Nikosias, um die Öffnung der Banken zu beobachten.

In einem Bericht des staatlichen Fernsehens (RIK) hieß es:„Wenn das so weiter geht, dann werden wir sagen können: Alles nach Plan gelaufen.“ Die Filialleiter der Banken standen in den meisten Fällen vor den Bankeingängen und ließen die Kunden in kleineren Gruppen in die Banken. „Kein Zwischenfall“ sagte ein Filialleiter der Bank of Cyprus im Zentrum Nikosias.

Polizei fährt Streife in Nikosia

Allerdings zeigen Polizeistreifen seit den frühen Morgenstunden in der Innenstadt Präsenz und fahren von Bank zu Bank. Zusätzlich sind vor den Türen der Banken private, bewaffnete Sicherheitsdienste im Einsatz, was bislang in Zypern nicht üblich war.

Im Fernsehen wurde berichtet, die Bankkunden sollten in Gruppen von zehn Personen eingelassen werden, um Tumulte zu verhindern. „Das wird heute ein ganz übler Tag“, sagte der arbeitslose Elektriker Philippos Philippou, der vor einer der Banken in Nikosia anstand. „Die Leute sind wütend.“

In allen Radio- und Fernsehsendern riefen Sprecher von Behörden und Institutionen zur Ruhe auf. „Ruhe bewahren. Nicht in die Banken strömen. Was man heute nicht erledigen muss, kann man auch morgen machen“, sagte Aliki Stylianou, die Sprecherin der Zentralbank Zyperns.

Maßnahmen gegen Ausbluten der Banken

Die Behörden haben harte Vorkehrungen getroffen, damit nach der Öffnung nicht zu viel Kapital auf einmal abfließt und die Banken sofort nach Öffnung ausbluten. Finanzminister Michalis Sarris erließ ein Dekret, wonach Bankkunden pro Tag und Konto nicht mehr als 300 Euro abheben dürfen. Zahlungen im Ausland, etwa mit Kreditkarte, dürfen nach einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur CNA 5000 Euro im Monat nicht überschreiten.

Überweisungen ins Ausland sind weitgehend untersagt. Wer Zypern verlässt, kann maximal 1000 Euro in bar mitnehmen. Zudem können Schecks nicht gegen Bargeld eingelöst, sondern nur auf ein Konto eingezahlt werden. Diese Regelungen gelten zunächst für vier Tage. Die zyprische Zentralbank war laut Medienberichten am Vortag mit fünf Milliarden Euro Bargeld ausgestattet worden.

Der Bankensektor in Zypern wird unter dem Druck der internationalen Geldgeber derzeit umstrukturiert. Die bislang zweitgrößte Bank, Laiki, wird abgewickelt. Die noch verwertbaren Guthaben werden an die marktführende Bank of Cyprus übertragen. Die Inhaber von Konten mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro werden zwangsverpflichtet, einen Großteil ihres Geldes der Bank als Aktienkapital zu überlassen.