Unsere Reporterinnen und Reporter aus der Harburger Redaktion verraten, wie sie versuchen, dem täglichen Verkehrskollaps zu begegnen

Lena Thiele: Der Weg von Süden über die Winsener Straße nach Harburg ist eine Belastungsprobe für die Nerven. 5,9 Kilometer liegen zwischen der Autobahnausfahrt und der Redaktion - momentan bedeutet das im Berufsverkehr fast eine halbe Stunde Stop and Go.

Auf zwei Spuren schieben sich Lastwagen aneinander vorbei, dazwischen drängelnde, rauchende und telefonierende - "Ich komm später" - Autofahrer. Doch kurz hinter den Fastfoodrestaurants ist ein Ausweg in Sicht: Die Linksabbiegerspur in den Sinstorfer Kirchweg. Der Schleichweg macht seinem Namen in diesem Fall zum Glück keine Ehre: Über den Sinstorfer Weg und den Marmstorfer Weg geht es trotz Tempolimits im Wohngebiet fix bis zur Bremer Straße. Die Autos auf Abwegen sind nicht schön für die Anwohner - aber nach weniger als zehn Minuten ist die Redaktion am Harburger Ring in Sicht.

Rachel Wahba: Mein abendlicher Heimweg von Harburg nach Dollern ist mit Endlos-Staus versperrt. Üblicherweise fahre ich von der Redaktion durch den Binnenhafen, durch Moorburg, um dann abseits des B 73-Feierabend-Verkehrs auf dem Obstmarschenweg ins Alte Land zu kommen - etwa 40 Minuten Fahrzeit. Seit Wochen aber ist meine tägliche Fahrzeit um fast das Doppelte angestiegen. Spätestens an der Ampelkreuzung Moorburger Straße/Moorburger Elbdeich schiebt sich die Blechlawine im Schleichtempo durch die Grünphasen. Ein Ausweichen über den Moorburger Bogen auf die B 73 ist durch die Baustelle versperrt. Der Obstmarschenweg ist seit Wochen dicht, weil das Estesperrwerk repariert wird, und der Finkenwerder Verkehr nun auf den Obstmarschenweg ausweicht.

Ein Ausweichen auf die B 73 ist sinnlos, hier staut sich, trotz Ferienzeit, der Verkehr meist von Harburg mit Unterbrechungen bis Buxtehude. Auch die Ausweichstrecke durch den Rosengarten kennen viele Pendler.

Rolf Schriefer: Die normalerweise üblichen 25 Minuten von der Wohnung in der Nordheide ins Harburger Zentrum sind im Moment ein Wunschtraum. Die A 1 ist immer dicht, die Winsener Straße eine Katastrophe. Gut zehn Minuten länger, aber dafür (noch) stau- und stressfrei fahre ich über Holtorfsloh und Stellen nach Fliegenberg und dann über Over Richtung Harburg. Vielleicht ist die Ferienzeit schuld, aber auf der Strecke ist relativ wenig los. Obendrein ist es viel schöner, am Elbdeich entlang zu fahren, als über die monotone Autobahn.

Jochen Gipp: Das ist derzeit wirklich kein Vergnügen. Wohnort nördlich der Elbe im Bezirk Bergedorf und Arbeitsplatz südlich der Elbe im Bezirk Harburg. Normale Wegstrecke etwa 23 Kilometer und ungefähr 25 Minuten Fahrzeit. Die Autobahn 1 über die Anschlussstelle Billstedt bis zur Abfahrt Harburg entspricht der Ideallinie. Aber die seit einer Woche eingerichtete Baustelle mit halbseitiger Sperrung der Norderelbbrücke und zuvor noch einer Baustelle im Moorfleeter Tunnel führt mich wegen der kilometerlangen Staus auf abenteuerliche Ideen und Ausweichstrecken. Ich habe inzwischen sämtliche alte Deichstraßen ausprobiert, Industriegebiete von Billbrook bis Rothenburgsort passiert und letztlich auch die Fähre Hoopte-Zollenspieker getestet. Doch jeder Umweg kostet Zeit und sorgt für mehr Kraftstoffverbrauch. Umsteigen auf Bus und S-Bahn bringt von Bergedorf über Hauptbahnhof nach Harburg mit etwas mehr als einer Stunde keinen nennenswerten zeitlichen Vorteil. Und kostet zudem, Hin und Rück, mehr als fünf Euro. Die kürzeste Staustrecke ist die beste.