Widerstand gegen den möglichen Bau einer Großmastanlage für 7500 Schweine formiert sich bei rund 260 Einwohnern von Handorf.

Handorf. Widerstand gegen den möglichen Bau einer Großmastanlage für 7500 Schweine formiert sich in Handorf. Rund 260 Frauen und Männer in der 2000-Einwohner-Gemeinde engagieren sich in einer jetzt gegründeten Bürgerinitiative (BI), die den Schweinestall verhindern soll. Zwei Landwirte hatten sich beim Landkreis Lüneburg als zuständige Genehmigungsbehörde über die Voraussetzungen für die Erweiterung eines schon jetzt 1100 Schweine zählenden Betriebs am Ortsausgang Richtung Oldershausen informiert. Sie sind Verpächter und Betreiber des Hofes.

Bürgermeister Peter Herm (parteilos) hatte bei einer Ratssitzung Mitte Juni die Öffentlichkeit über die Pläne der Bauern informiert. "Wir wollen die Anlage nicht", so Herm. Ein Maststall für 7500 Schweine sei für ihn kein landwirtschaftliches Unternehmen mehr, sondern ein Gewerbetrieb für die Fleischerzeugung, sagt er. Auch wenn die Rechtslage anders sei. "Trotzdem passt ein solches Projekt nicht nach Handorf, weil die nötige Infrastruktur dafür fehlt. Auch reichen die Flächen für die Gülleentsorgung nicht aus."

Treibende Kräfte bei der BI-Gründung sind Milchbäuerin Gitta Tangermann und Ragna Raabe. "Wir sind grundsätzlich gegen die industrielle Tierproduktion und lehnen schon deshalb den Maststall ab", sagen die Frauen. Die Haltungsbedingungen seien unter aller Würde, so Tangermann. Sie betreibt mit ihrem Mann Heinz einen Milchviehbetrieb mit 85 Rindern, von dem die Großmastanlage nur 300 Meter entfernt wäre. Sie hat eine andere Auffassung von Landwirtschaft: "Unsere Kühe sehen den Himmel. Sie weiden vom Frühjahr bis zum Herbst draußen auf den Wiesen und fressen Gras."

Familie Tangermann widerlegt das Argument der Befürworter der industriellen Landwirtschaft, wonach es das bäuerliche Idyll schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebe, es ohnehin nur in Bilderbüchern zu finden gewesen sei. "Das stimmt nicht", so Gitta Tangermann. ,,Wir wollen bäuerlich bleiben, mit einer überschaubaren Zahl an Tieren."

In dem Bau von industriellen Großställen sieht sie eine tickende Zeitbombe, gezündet von der Profitgier einiger Kollegen, der Futtermittelindustrie und dem Bauernverband, der die Betriebe ihr zufolge stetig drängt, zu wachsen und intensiver zu wirtschaften. "Es dauert nicht mehr lange, dann wissen wir nicht mehr, wo die Gülle noch entsorgt werden soll." Negative Folgen, so Ragna Raabe, die beim Bau des riesigen Schweinestalls auf Handorf zukommen würden, wären Keime aus der Gülle auf den Äckern, Transportverkehr und Geruchsbelästigungen.

Zumal der Schweinezuchtbetrieb schon jetzt stinke, mehr als dies auf dem Land üblich sei, so Tangermann. Vor zwei Jahren beklagten sich Anwohner über unerträglichen Güllegestank, der von dem Hof ausgegangen war. Der Landkreis überprüfte die Situation, konnte aber keinen Verstoß gegen die Betriebsgenehmigung feststellen. Die übermäßige Landluft war den Nasen der Kreismitarbeiter jedoch nicht verborgen geblieben.

Bürgermeister Herm sagt, dass aus einer Schweinemastanlage in der geplanten Größenordnung zu viel Stickstoff an die Luft abgegeben werde. "Ich sehe Umweltgefahren. Unser See mit seinem klaren Wasser, in dem Fische gesund und munter schwimmen und Menschen baden, würde über Gebühr mit Schadstoffen belastet."

Tangermann und Raabe befürchten darüber hinaus Gefahren für die Gesundheit der Handorfer. Tangermann: "Eine wissenschaftliche Studie der Universität Utrecht in den Niederlanden hat große Gefahren für die Bevölkerung ausgemacht, die in der Umgebung von Massenställen leben." Keime und Bakterien mutierten und würden immer resistenter, so die Studie, sagt die Landwirtin. "Die Folgen sind Lungenkrankheiten, besonders bei Kindern tritt häufig Asthma auf."

Inzwischen habe in den Niederlanden, dem Vorreiter der industriellen Landwirtschaft, ein Umdenken eingesetzt, sagt sie. "Der Staat kauft Betriebe, um die Entwicklung zu stoppen." Daher sei es an der Zeit, dass die Menschen nicht nur in Handorf, sondern auch in den anderen Dörfern des Landkreises Lüneburg aufwachten. Sie sollten der Politik zeigen, dass sie als Nachbarn und Verbraucher keine Agrarfabriken wollten, so die Bäuerin. Mitstreiterin Ragna Raabe stimmt ihr zu. "Als der Schweinestall in Handorf Thema wurde, zeigte sich, dass viele gar nicht wussten, dass die Landwirtschaft mittlerweile in vielen Bereichen eine Industrie ist", sagt sie. Und Tangermann ergänzt: "Das Emsland ist dicht gepflastert mit Agrarfabriken. Die Investoren müssen ausweichen und jetzt kommen sie zu uns. Es kann jeden Ort treffen."

Die beiden Frauen werden gegen den Maststall vor ihrer Haustür kämpfen. "Wir werden uns mit Händen und Füßen wehren", sagt Raabe. Sie ist froh über den großen Zusammenhalt im Dorf. "Wir sind sehr viele. Verunsicherung und Angst haben uns zusammengeschweißt." So hätten von rund 300 Teilnehmern einer Informationsveranstaltung am vergangenen Montag 260 zugesagt, dass sie bei der BI mitmachen wollten.

Die Gegner appellieren an die Investoren, den Großstall nicht zu bauen. "Wir hoffen, dass die Vernunft bei ihnen siegt." Und Bürgermeister Herm ruft Eigentümer auf, keine Flächen an den Betreiber zu verpachten, damit er nicht die für eine Privilegierung seines Vorhabens notwendige Fläche von 500 Hektar zusammen bekommt.