Der Hamburger Finanzsenator hat mehrfach öffentlich behauptet, dass der Verkauf städtischer Immobilien vor 20 Jahren („Primo“) ein „schlechtes Geschäft“ für Hamburg gewesen sei. Diese Aussage ist frech und falsch: Frech, weil er sie nicht belegen kann. Falsch, weil das Gegenteil zutrifft.
Stattdessen berichtet Herr Dressel von Käufen sanierungsbedürftiger Immobilien in der Innenstadt wie dem Springer Areal und der Finanzbehörde am Gänsemarkt. Beide Transaktionen zeigen deutlich, welch unterschiedlichen Ansatz der CDU-Senat unter Ole von Beust einerseits und der heutige Senat verfolgen. Unsere Meinung war: Immobilienbesitz der Stadt ist nicht Selbstzweck, sondern muss eingebettet sein in die Strategie für die Stadt.
Hamburg fällt im Wettbewerb der Metropolen zurück
Wir hatten diese Strategie: „Metropole Hamburg – wachsende Stadt.“ Sie umfasste alle Lebensbereiche der Stadt. Wichtige Elemente waren eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik und eine konsequente Konsolidierungspolitik. Ich möchte erinnern an das „Erbe“, das der rot-grüne Senat 2001 hinterlassen hatte: Ein zerrütteter Haushalt, eine hohe Verschuldung, eine besorgniserregende hohe Arbeitslosigkeit – von den Defiziten bei der Inneren Sicherheit ganz zu schweigen. Unser Ziel: den Haushalt konsolidieren und einen Wachstumsschub für Hamburg auslösen. „Jobs, Jobs, Jobs“ war das Signal des Wirtschaftssenators Gunnar Uldall. Diese Politik war erfolgreich: Nach sechs Jahren war der Haushalt ausgeglichen – zum ersten Mal seit Kriegsende –, die Wirtschaft blühte auf, die Arbeitslosigkeit sank deutlich. „Boomtown Hamburg“ titelten „Stern“ und „Spiegel“.
„Primo“ war Teil dieses Erfolges: finanziell und in Hinblick auf die Stadtentwicklung. Es wurde ein Spitzenpreis erzielt, der Verkaufserlös wurde gezielt in das Wachstum der Stadt investiert, ohne neue Schulden zu machen. Es wurden städtebauliche Impulse gesetzt mit der Verlagerung der Baubehörde nach Wilhelmsburg, und es wurden im hohen Maße Investitionen privater Immobilienentwickler angeschoben wie bei den Stadthöfen.
Wie ist die Lage heute? Hamburg fällt im Wettbewerb der Metropolen zurück. Um diesen Trend umzukehren, benötigt Hamburg Investitionen in die Zukunft, in anwendungsorientierte Wissenschaften, in die Neuausrichtung des Hafens, in Netze, in den überregionalen Verkehr, in Schulen ... Das Geld fehlt – und in dieser Situation investiert die Stadt nicht in die Zukunft, sondern kauft sanierungsbedürftige Bürogebäude: Steine statt Köpfe, die Welt von gestern. Auf die Idee muss man erst einmal kommen.
Senat fehlt eine Strategie für die Zukunft
Es macht deutlich: Dem Senat fehlt eine Strategie für die Zukunft, in die auch das Vermögen der Stadt eingebettet ist. Dieses Defizit hat bei der SPD Tradition und zeigte sich auch bei der Privatisierungspolitik früherer Senate. Die Privatisierungen in den 90er-Jahren erfolgten ohne Strategie, sondern „nach Kassenlage“: HEW, Hein Gas, Teile der Landesbank wurden vom SPD-Senat verkauft, um Geld in die Kasse zu bekommen. Unsere Politik war eingebettet in die Strategie für die Stadt. Wichtig waren die Sicherung des Standortes, der Arbeitsplätze und der Steuerkraft, sowie die Nutzung innovativer Wachstumspotenziale. Und, ganz entscheidend, die Sicherung der Qualität im Angebot der Dienstleistungen für die Bürger.
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Wir haben investiert in Anteile „blühender“ Unternehmen, die für den Standort von zentraler Bedeutung waren und sind: Beiersdorf, Aurubis, Hapag-Lloyd. Ziel waren nicht Dauerinvestments, sondern „Brücken“ zu schlagen, um den Unternehmen Zeit zu verschaffen, Aktionäre zu finden, die den langfristigen Erhalt der Eigenständigkeit der Unternehmen sichern. Hapag-Lloyd mit Sitz in Hamburg gäbe es ohne das Engagement nicht.
Die Anteile an Beiersdorf und Aurubis konnten vom CDU-Senat mit Gewinn verkauft werden, nachdem der Erhalt in Hamburg gesichert war. Die Anteile an Hapag-Lloyd sind noch im Eigentum der Stadt – und so hat Hamburg von den „Superdividenden“ profitiert. Dieser „Superboom“ ist vorbei. Deshalb stellt sich jetzt die Frage: Was ist die Absicht der Stadt in Hinblick auf diese Beteiligung? Wieder Entscheidung „nach Kassenlage“ – oder Teil einer Zukunftsstrategie für den maritimen Standort Hamburg, die auch die HHLA einschließt? Ich bin gespannt.
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