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Hundekot-Eklat: Dieser Racheakt darf nicht einschüchtern

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Blick auf die Staatsoper Hannover: Ballettchef Marco Goecke hat bei einer Premiere eine Zeitungskritikerin mit Hundekot beschmiert.

Blick auf die Staatsoper Hannover: Ballettchef Marco Goecke hat bei einer Premiere eine Zeitungskritikerin mit Hundekot beschmiert.

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Die Attacke des Ballettchefs von Hannover auf eine Kritikerin ist auch eine auf die Pressefreiheit. Der Schaden wiegt schwer.

Suspendierung und Hausverbot. Das ging jetzt ziemlich schnell, allerdings mit Betonung auf „ziemlich“. Anderthalb Tage nachdem Marco Goecke, der international renommierte Ballett-Intendant in Hannover, verbal und mit Hundekot auf eine Kritikerin losging, ist er seinen Job los. In Hannover zumindest. Ob auch im Rest der Ballett-Welt, wird sich zeigen.

War es Vorsatz oder eine durchgeknallte Sicherung? Die Anzeige gegen Goecke ist raus, jetzt kann es juristisch werden. Und ein zweites Mal unschön, weil abzuwarten bleibt, ob der Gefeuerte sich mit den Mitteln des Rechtsstaats dagegen wehrt, seinen Posten zu räumen, bloß weil ihm der Doggy Bag seines Dackels ins Gesicht einer „FAZ“-Journalistin ausgerutscht ist.

Entgleisung des Ballettchefs ist Angriff auf Pressefreiheit

Wer moralisch im Recht ist, ist klar. Doch viel verheerender als die kurzfristige Abscheu über die Entgleisung ist der fundamentale Schaden für die Pressefreiheit. Wer im Feuilleton austeilt, muss auch einstecken können? Ja, sicher. Aber so nicht.

Man muss unsereins nicht alles glauben. Objektivität ist keine Kategorie für Rezensionen und war es noch nie. In Zeiten, in denen manche (Be-)Deutungshoheiten vom Abdanken bedroht sind, geht es den Beurteilern und Wertevermittlern in Theatern, Kinos, Konzerten und neben Bücherstapeln ohnehin immer wieder ans Selbstverständnis und die Berufsehre, sobald viel Bauchgefühl mit gereifter Expertise gleichgestellt wird.

Diese Untat eines Wütenden war nicht nur Einschüchterung, Racheakt und Symptom einer überhitzten Gesellschaft, die sich oft zu sehr aufregt und zu intolerant ist. Man sollte den Vorfall auch als eine Aufforderung an den Journalismus begreifen, sich eben nicht verunsichern zu lassen.

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