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Eigentum verpflichtet: Leerstand ist keine Bagatelle

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Christoph Rybarczyk ist Chefautor des Hamburger Abendblatts.

Christoph Rybarczyk ist Chefautor des Hamburger Abendblatts.

Foto: Thorsten Ahlf

Der Hamburger Senat und die Bezirke gehen mit Recht gegen rüde Vermieter vor. Doch so eindeutig ist die Gemengelage nicht.

Wohnungen oder Häuser über Jahre leer stehen zu lassen, ist kein Kavaliersdelikt. Mit Recht geht der Hamburger Senat, gehen die Bezirke gegen Leerstand mit scharfen Instrumenten und einem drakonischen Strafenkatalog vor. Insbesondere in einer Zeit verfehlter Wohnungsbauziele, einer nachhaltigen Baukrise und kaum zu bewältigender Not bei Geflüchteten aus der Ukraine steht man fassungslos vor unbenutzten Objekten in allen Teilen der Stadt.

Leerstand in Hamburg: Kein koordiniertes Vorgehen

Es gibt jedoch kein wirklich koordiniertes oder einheitliches Vorgehen der Bezirksämter und ihrer Fachleute, die den "Wohnraum schützen". Trotz spektakulärer Fälle geht die durch Bußgelder eingetriebene Gesamtsumme in Hamburg eher zurück. Möglicherweise ist es auch wie bei Verkehrssündern: Je mehr Kontrollen, desto mehr entdeckte Ordnungswidrigkeiten.

Doch taugt das als Argument für mehr Mitarbeiter in den zuständigen Amtsstuben? Mal davon abgesehen, dass auch der öffentliche Dienst sein Rekrutierungsproblem hat, Stichwort: Fachkräftemangel.

Leerstand in Hamburg: Eigentum verpflichtet

Nein, die Fälle von Leerstand, die auch dank aufmerksamer Anwohner öffentlich werden, muss man individuell und mit Augenmaß betrachten. Soll Leerstand Altmieter vertreiben? Welche Belege gibt es dafür? Geht es um offensichtliche Immobilienspekulation wie beim Holsten-Areal, das mehrfach den Besitzer wechselte? „Eigentum verpflichtet“, erinnert uns das Grundgesetz in Artikel 14. Das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz hat daraus die adäquaten Schlussfolgerungen gezogen mit seinen Strafen von Bußgeld bis Enteignung.

Doch keine Behörde darf das scharfe Schwert ziehen, wenn sie selbst aus welchen Gründen auch immer Sanierung, Abriss und Neubau durch bürokratische Regeln in die Länge zieht. Hier täte eine Verschlankung des kompletten Wohnungsbaurechts not. Wer im Privaten eine Genehmigung schon für kleinere „Eingriffe“ erbittet, ahnt, vor welchen Hürden Großvermieter bisweilen stehen.

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