Haider: Lieber Christoph, hast du dir auch das 9-Euro-Ticket gekauft? Oder warst du am Mittwoch tanken?
Schwennicke: Das Ticket habe ich. Natürlich. Benutzt habe ich es aber noch nicht. Fahre mit dem Rad ins Büro. Getankt habe ich noch nicht. Ich fahre extrem wenig Auto. Um die Antwort auf die nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Ich halte beides gleichwohl für kompletten Blödsinn.
Haider: Warum das denn? Ich finde zumindest das 9-Euro-Ticket ein spannendes Experiment, weil es hoffentlich beweisen wird, dass der Umstieg vom Auto in den ÖPNV für viele nur eine Frage des Preises ist.
Schwennicke: Es wird Verbrauch subventioniert anstatt Verzicht zu fördern. Es wird für irrwitzige Summen eine künstliche Behaglichkeit geschaffen, die es nicht gibt. 1973 bei der Ölkrise war das anders. Da hat man autofreie Sonntage verfügt und Tempo 100 auf Autobahnen. Das war in meinen Augen richtig und traut sich heute keiner mehr. Weil wir so wohlstandsverwöhnt sind.
Haider: Das gilt für das Tanken, aber nicht für den ÖPNV, oder? Das mit dem Tempolimit verstehe ich genauso wenig wie du. Alle anderen Länder um uns herum haben es längst eingeführt, und bei uns wird so getan, als ob die Freiheit des Landes davon abhängt, dass man auf Autobahnen so schnell fahren darf, wie man will.
Schwennicke: Das ist ein Fetisch in diesem Land. Und kein Argument ist tumb genug, um nicht gegen ein Tempolimit ins Feld geführt zu werden. Der Verkehrsminister hat allen Ernstes gesagt, Tempo 130 (!) ginge nicht, weil nicht genug Schilder dafür da seien.
Haider: Aber es ist ein Fetisch, den wir uns nicht mehr leisten können angesichts des Klimawandels, wer das Gegenteil behauptet lügt oder ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse, die es seit Jahrzehnten gibt. Mir haben neulich zwei Klimaaktivistinnen gesagt, dass es zwei Wörter gebe, mit denen man in Deutschland ganz einfach viele Menschen gegen sich aufbringen kann. Das eine ist Tempolimit, und das andere? Na?
Schwennicke: Veggie Day?
Haider: Fast. Fleischverzicht.
Schwennicke: Ha, da war ich nah dran!