Hamburg. Bald ist es ein Jahr her, dass unsere Familienhündin Emmi nicht mehr bei uns ist. So lange ist schon der Hundehimmel ihr neues Zuhause. In unseren Herzen lebt sie aber weiter. Wenn ich meine Eltern besuche, höre ich immer noch Geräusche, die wie ihr Pfotentapsen klingen. Dann drehe ich mich um – und stelle schmerzlich fest, dass es nur ein Blatt war, das über die Fliesen auf der Terrasse geweht ist. Wenn ich den Platz anschaue, an dem bis vor einem Jahr noch ihr Körbchen stand, kommt er mir nach wie vor unglaublich leer vor. Da fehlt einfach etwas.
Um meinen Hals trage ich eine Kette mit einem Herzanhänger, auf den ein „E“ für Emmi graviert ist. Dieses kleine, meist stinkende, aber wahnsinnig liebenswerte Wesen hat eine riesengroße Lücke in unserem Leben hinterlassen. Noch schmerzt der Abschied zu sehr, um sie zu füllen.
Plattform für Hundepatenschaften
Doch ich habe schnell gemerkt, wie sehr es mir fehlt, von Hunden umgeben zu sein. Ich durfte mit Tieren aufwachsen, kenne kein Leben ohne wuscheliges Fellknäuel. Beim Spaziergang durch den Park in den ersten Wochen ohne Emmi hätte ich am liebsten bei jedem fremden Hund angehalten und ihn gestreichelt. Als ich vergangenes Jahr von dem Verlust in der Kolumne erzählt habe, meldeten sich sehr liebe Leser bei mir.
Eine Frau rief extra in der Redaktion an – sie wollte einen Hundewelpen an meine Familie vermitteln. Das Herz war noch nicht bereit für ein neues Familienmitglied, doch ich ging mit ihr und ihren beiden Labradoren Gassi und durfte meine Sehnsucht nach Hunden etwas stillen. Eine andere Leserin hat mir einen großartigen Tipp gegeben und mir die App „Hundelieb“ empfohlen – eine Plattform, die Hundepatenschaften vermittelt. Laut Betreibern nutzen sie mehr als 250.000 Menschen im deutschsprachigen Raum.
Partnerböse für Hundesitter
„Dogsharing“ passt zum Zeitgeist. Nicht nur Autos, Fahrräder und Wohnungen teilen Leute miteinander – sondern auch Hunde. Das Konzept ist einfach und genial: Auf der einen Seite gibt es Frauchen und Herrchen, die hin und wieder Unterstützung bei der Betreuung ihres flauschigen Freundes brauchen – weil im Büro keine Tiere erlaubt sind und sie nicht mehr wie zu Corona-Hochzeiten im Homeoffice arbeiten dürfen. Oder weil eine Beziehung in die Brüche gegangen ist und sie jetzt alleine für ihren Hund verantwortlich sind.
Oder weil sie schlicht abends auf eine Feier gehen möchten und einen Aufpasser brauchen. Die Beweggründe der Hundehalter sind vielfältig. Wie bei einer Partnerbörse – nur niedlicher – laden sie in der App ein Foto ihres haarigen Wegbegleiters hoch und beschreiben, was sie suchen. Auf der anderen Seite sind dort Menschen wie ich angemeldet, die keinen eigenen Hund haben, gerne aber Zeit mit einem Vierbeiner verbringen möchten, ohne eine dauerhafte Verpflichtung einzugehen. „Hundelieb“ bringt Besitzer und Tierfreund zusammen.
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Vor ein paar Wochen habe ich auf diese Weise den kleinen Charlie kennengelernt. Einen eineinhalb Jahre alten Maltipoo. Er hat mich „erschnüffelt“. So heißt es liebevoll in der Benachrichtigung, wenn ein Hundebesitzer Kontakt mit einem aufnehmen möchte. Charlie wohnt nur ein paar Straßen entfernt von mir. Damit sein Herrchen weiß, dass er seinen geliebten Hund keiner Verrückten anvertraut, haben wir uns auf einem gemeinsamen Spaziergang kennengelernt.
Seitdem gehe ich alleine mit Charlie in den Park, spiele Frisbee mit ihm und bringe ihn danach zurück in sein Zuhause. Bezahlt wird man für die Betreuung nicht mit Geld – sondern mit Freude. Es ist unglaublich, wie glücklich es einen machen kann, Zeit mit einem Tier zu verbringen. Ich vergesse sofort jeglichen Alltagsstress.
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen
Natürlich gibt es auch Stimmen, die das Prinzip, seinen Hund mit einem anderen Menschen zu teilen, kritisieren. Wie könne ein Hundehalter seinen Vierbeiner einfach einer fremden Person anvertrauen? Zudem ist nicht jedes Tier dafür geeignet, mehrere Bezugspersonen zu haben. Auch die Erziehung könnte darunter leiden. Natürlich sollte sich auch niemand einen Hund anschaffen, der ihn fünf Tage die Woche abgibt. Aber: Wenn die Hundepartnerschaft funktioniert und wesentliche Punkte wie das Füttern oder die Erziehung geklärt sind, kann es bereichernd sein, sein Glück zu teilen: für den Besitzer, den Tierfreund und den Hund selbst.
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