Hamburg. Christoph Schwennicke (r.) und Lars Haider pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.
Haider: Lieber Christoph, heute würde ich mit dir gern mal nicht über den
Ukraine-Krieg sprechen, sondern über die Wahl in Schleswig-Holstein und den neuen und alten Ministerpräsidenten, der aus meiner Sicht etwas Einmaliges macht. Daniel Günther bräuchte eigentlich nur die Grünen oder die FDP als Partner. Er will aber mit beiden in der Jamaika-Koalition weiterregieren, weil das in den vergangenen fünf Jahren so gut funktioniert hat. Was sagst du dazu?
Schwennicke: Ist das denn schon sicher? Finde das etwas seltsam. Ist auch nicht aus dem Lehrbuch der Macht. Erfüllt aber Sehnsüchte des Publikums. Die Mehrheit der Wähler wünscht sich das.
Haider: Aus der Sicht des politischen Beobachters ist das seltsam, aber ich glaube, er macht bei den Wählern einen Punkt. Denn die Regierung hat einen
guten Job gemacht, zusammen deutlich mehr Stimmen erhalten als 2017. Kommt hinzu, dass es für die nächste Wahl besser sein kann, die Grüne als Regierungspartei neben sich und nicht als Opposition gegen sich zu haben.
Schwennicke: Mir ist das halt etwas zu gefühlig. Und zusammengefasst, was du zu Recht bemerkst: beifallheischend. Vulgo: populistisch.
Haider: Weil es der harten Logik des politischen Betriebs widerspricht? Ich finde es gut, dass ein Ministerpräsident, gerade, wenn er so erfolgreich war bei einer Wahl war, das macht, was er für richtig hält – und nicht, was die Zahlen ihm vorgeben. Das ist nicht populistisch.
Schwennicke: Über die Frage, was Populismus ist, kann man ganze Seminare abhalten und dicke Bücher schreiben. Ich empfinde Günther schon länger als einen, der sich permanent aerodynamisch im Windkanal optimiert.
Haider: Und er ist das Gegenmodell zu Friedrich Merz. Wäre Günther für den perspektivisch ein gefährlicher Gegner, wenn es um die Macht in der Bundes-CDU und die Frage geht, wer Kanzlerkandidat 2025 wird?
Schwennicke: Na klar. Vor allem auf längere Sicht. 2025 wird sich Merz kaum nehmen lassen. Aber dann! Günther ist schlicht und einfach jünger.
Haider: Du meinst, dass Merz antritt?
Schwennicke: Er ist diesen langen schweren Weg zurück ans Licht nicht gegangen, um Oppositionsführer oder Parteichef zu sein. Er will Kanzler werden.
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