Meinung
Gastbeitrag

Sport wird teurer – und er ist es wert

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Frank Fechner
Frank Fechner (59) ist als Chef des Eimsbütteler Turnverbands für 15.000 Mitglieder zuständig.

Frank Fechner (59) ist als Chef des Eimsbütteler Turnverbands für 15.000 Mitglieder zuständig.

Foto: ValeriaWitters / WITTERS

Der ETV-Vorsitzende Frank Fechner über die Folgen der Corona-Pandemie und welche Schritte nun eingeleitet werden müssen.

Hamburg. Wo steht der Hamburger Sport nach zwei Jahren Krisenmanagement in der Corona-Pandemie? Die Mitarbeitenden in den Sportorganisationen sind erschöpft. Viele Übungsleitende im Fitness- und Gesundheitssport suchten sich andere Beschäftigungsfelder, stehen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt für den Sportbetrieb zur Verfügung.

Die meisten Vereine haben zudem durch die Pandemie zwar nicht überdurchschnittlich Mitglieder verloren, sie haben aber über 18 Monate fast keine neuen Mitglieder aufnehmen können. Die normale Mitgliederfluktuation konnte nicht ausgeglichen werden. Daraus resultieren Einbußen von zehn bis 25 Prozent an Mitgliedern und Beiträgen.

Vereine müssen Mitgliedsbeiträge anheben

Was kommt auf den Sport nun zu? Mit der Rückkehr zum vollen Sportbetrieb sind die Vereine wieder mit den vollen Betriebs- und Personalkosten belastet, bei gleichzeitig gesunkenen Beitragserlösen und stark steigenden Preisen, vor allem für Energie. Die Vereine müssen die Mitgliedsbeiträge sehr bald erheblich um zehn bis 20 Prozent anheben, um erstens den Mitarbeitenden einen Inflationsausgleich bieten zu können und als Arbeitgeber konkurrenzfähig zu bleiben und um zweitens die erheblich steigenden Energie- und Betriebskosten tragen zu können. Bei Vereinen mit Sportanlagen muss mit Energiekostensteigerungen von bis zu 100 Prozent gerechnet werden. Planungssicherheit gibt es nicht, aktuell geben die Versorger keine Angebote für 2023.

Was jetzt unsere Aufgaben sind: In der Pandemie haben die Kinder am stärksten unter dem Lockdown im Sport gelitten. Wir haben zwei Jahrgänge an Kindern, die nicht schwimmen gelernt haben, die nicht in die Vereine gekommen sind, die keine Sporterfahrungen machen und keine Erfolgserlebnisse haben, keine Sportbindungen entwickeln konnten. Bewegungsfreude und Sportinteresse müssen bei ihnen gezielt gefördert werden, um ihre Gesundheit, ihre Resilienz und Teamfähigkeit zu stärken.

Sport wird teurer werden müssen

Die baldige Ankündigung und Umsetzung von Beitragserhöhungen trifft auf eine Mitgliedschaft, die ihren Vereinen ganz überwiegend über zwei Jahre treu geblieben ist und auch im Lockdown oder bei stark eingeschränkten Sportangeboten die Beiträge entrichtet hat. Hier ergibt sich eine herausfordernde Kommunikationsaufgabe für die Vereine, die wir offensiv angehen müssen. Alle, denen an einem guten und breiten Sportangebot für alle Generationen gelegen ist, müssen für mehr Wertschätzung für den Sport werben und arbeiten.

Sport wird teurer werden müssen. Er ist es wert. Für ein gesundes, bewegtes, ausgeglichenes Leben, für das Team, für den Verein, für die Gemeinschaft, die Sport stiftet. Denjenigen, die sich die höheren Vereinsbeiträge nicht mehr leisten können, müssen Hilfsangebote gemacht werden durch eine Ausweitung des Teilhabepaketes auch auf bedürftige Erwachsene, Geflüchtete und Rentnerinnen und Rentner.

Angebote zur Integration für Geflüchtete

Die Vereine und Verbände müssen die Herausforderungen annehmen. Sportanlagen müssen flächendeckend optimiert, digitalisiert und noch energieeffizienter werden: Flutlichtanlagen auf LED umrüsten, Sporthallen dämmen, Fotovoltaikanlagen und Wärmepumpen installieren, wo dies möglich ist. Die notwendigen Investitionen müssen ermöglicht werden. Sie sind grundlegend für den Sportbetrieb in der Zukunft.

In der aktuellen Kriegssituation müssen die Vereine den Geflüchteten wieder offensiv Angebote zur Integration machen: beitragsfreie Mitgliedschaften, Patenschaften für Geflüchtete, Jobs in den Vereinen. Die Sportvereine haben 2015 bewiesen, wie gut sie geflüchtete Menschen integrieren können. Bei aller Krisenmüdigkeit – die Vereine wissen, wie sie sich dieser gesellschaftlichen Herausforderung stellen müssen.

Sport muss attraktive Angebote bieten

Der Krieg in der Ukraine wird unseren Wohlstand angreifen. Auch wir werden dafür bezahlen. Preise werden steigen, Einkommen stagnieren. Es besteht die Gefahr, dass die schon in der Pandemie eingeübten unorganisierten Sportformen (Joggen, Outdoorsport, private Sportgruppen, digitale Fitnessprogramme) weiter Zulauf haben, weil sie kostengünstiger sind. Hier muss der organisierte Sport mit attraktiven Angeboten reagieren. Vereine bieten kompetente Bewegungsförderung, gesunde Fitness sowie soziale Integration und Teilhabe.

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