Hamburg. Das Stilmittel des Euphemismus dient dazu, Wörter mit guter Bedeutung zu gebrauchen, um Unangenehmes angenehm zu sagen.

Im Allgemeinen hätte ich bei der Überschrift „Scholz macht ernst“ im eigenen Blatt sofort das Gespräch mit der Politik-Redaktion in Berlin gesucht. Scholz machte natürlich nicht „ernst“, sondern „Ernst“. Doch angesichts von Putins Atomraketen und Ursula von der Leyens gewagten Erweiterungsplänen erscheint mir der Kampf um einen Großbuchstaben mehr als banal. Die Orthografie tritt im Krieg hinter den Inhalt der Aussage zurück. Allerdings kann auch die Sprache zur Waffe werden, wenn der Euphemismus zur Propaganda gesteigert zu werden droht.

Eine Abfolge von unsortierten Lauten in der Sprache oder von Buchstaben im Text ergibt noch keinen Sinn. Erst wenn wir dem Laut oder der Buchstabenfolge eine feste Bedeutung zuordnen können, wird die Abfolge zum Wort, das eine bestimmte Bedeutung hat. Ursprünglich war die Bedeutung eines Wortes eindeutig und bezog sich auf eine Sache in der realen Welt. Aber im Laufe der Zeit haben die meisten Wörter einen Bedeutungswandel bzw. eine Bedeutungserweiterung erfahren. Nehmen wir das ahd. wizzan, das anfangs „gesehen haben“ bedeutete und heute zum Verb „wissen“ geworden ist. Was ich gesehen habe, das weiß ich.