Heute möchte ich an dieser Stelle gern eines meiner absoluten Lieblingszitate teilen. „Manchmal ist man einfach nur glücklich beim Spielen. Einige Leute, auch Medien, verstehen nicht, dass es okay ist, einfach nur Tennis zu spielen und es zu genießen. Sie denken, man muss alles gewinnen, es muss immer eine Erfolgsstory sein. Und ist das nicht der Fall, was ist dann der Sinn? Vielleicht muss man zurückgehen und überlegen: Warum habe ich angefangen Tennis zu spielen? Weil ich es einfach mag. Es ist ein Traumhobby, das zu einer Art Beruf geworden ist. Manche Leute kapieren das einfach nicht.“
Diese Worte stammen von Roger Federer, einem der besten Tennisspieler aller Zeiten. Erst vergangene Woche sind sie mir wieder in einem Onlineseminar begegnet. Ich liebe dieses Zitat, weil es mich daran erinnert, was im Leben der schönste Antrieb ist: nicht der Erfolg, das Ansehen, ein Pokal oder Geld. Die beste Motivation ist die pure Freude an einer Tätigkeit. Roger Federer ist 20-maliger Grand-Slam-Turniersieger geworden, weil er talentiert ist, sein Leben lang hart trainiert hat – und vor allem Spaß am Tennisspielen hat. Auch nach all den Jahren noch. Im Alter von 40 Jahren arbeitet der Schweizer nach einer schweren Knieverletzung an seinem Comeback, will noch einmal auf die Tennis-Tour zurückkehren. Nicht weil er der Welt noch etwas beweisen muss. In erster Linie treibt ihn die Freude an seinem Sport an – anders kann man über so viele Jahre nicht erfolgreich sein.
Tennisspieler haben Erfolg, weil sie Spaß dabei haben
Gleiches gilt für Rafael Nadal. Ende Januar gewann der spanische Tennisprofi, der noch wenige Monate zuvor nach einer Fuß-Operation an Krücken humpelte, in Australien seinen 21. Grand-Slam-Titel. Nach dem fünf Stunden und 24 Minuten andauernden Finale sagte Nadal, er habe den Kampf einfach genossen. Mir zeigt diese Aussage umso mehr: Freude ist der Schlüssel zum Erfolg.
Mich beeindruckt die Begeisterung von zwei der größten Athleten der Welt so sehr, weil ich sie ausgerechnet bei Spielerinnen und Spielern im Freizeitbereich so oft vermisse. Sie sind so verbissen oder angespannt, dass alles in ihren Gesichtern zu erkennen ist, aber kein Spaß an ihrem Hobby. Leider weiß ich, wovon ich rede. Ich spiele selbst seit mehr als 20 Jahren Tennis – durch den Druck, den ich mir zwischenzeitlich auf dem Platz selbst auferlegt habe, ist mir die Freude abhandengekommen. Dieses Phänomen beobachte ich bei vielen Hobbysportlern. Bei der Damen-40-Spielerin in der Bezirksliga verfolgt kein Millionenpublikum das Punktspiel zu Hause vor dem Fernseher so wie bei den Profis. Höchstens ein paar Mitspielerinnen stehen am Rand. Trotzdem zittern ihre Hände. Der Wunsch, die Zuschauer mit schnellen Bällen zu beeindrucken, reicht aus, um sie zu lähmen.
Spaß sollte bei der Berufswahl im Vordergrund stehen
Das Beispiel lässt sich prima auf andere Lebensbereiche übertragen. Junge Leute werden gern dafür belächelt, dass es ihnen so wichtig ist, einen Sinn in ihrem Beruf zu finden. Dass sie Wert auf nette Kollegen legen. Spaß an ihrer Tätigkeit haben wollen. Das passt mit der veralteten Vorstellung des Begriffs „Arbeit“ nicht mehr zusammen: Ein Job sei dazu da, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Arbeiten sei nun einmal anstrengend. Aber was nützt es dem Topmanager, sich ein teures Luxusauto von seinen 40 Überstunden in der Woche leisten zu können, wenn er nach einigen Jahren an einem Burn-out leidet, weil bei all dem Stress die Freude zu kurz gekommen ist? Ein Mensch kann viel und hart arbeiten. Wenn er dabei seiner Leidenschaft nachkommt, macht es ihm nichts aus.
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Warum machen viele Menschen etwas, woran sie so wenig Freude haben? Warum quälen sie sich morgens aus dem Bett für einen Arbeitsplatz, den sie hassen? Treffen sich mit Leuten, die sie gar nicht mögen? Harren in einer Beziehung mit einem Partner aus, den sie nicht mehr lieben? Neulich habe ich eine beeindruckende Frau kennengelernt, die mit Ende 60 ihren Ehemann verlassen und neu angefangen hat. Das ist sehr mutig. Aber was wäre die Alternative gewesen? Warten, bis er oder man selbst stirbt? Am Ende des Lebens bekommt man keine Tapferkeitsmedaille verliehen, weil man in unglücklichen Situation so gut durchgehalten hat. Nicht der Gewinn eines Tennisturniers oder das Ansehen im Job ist entscheidend. Sondern wie viel Freude man bei alldem hatte.
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