Grundrechte sind keine Gnadenrechte, findet Autor Heribert Prantl. Die Gesellschaft müsse aus dem Sog der Verbote wieder herauskommen.

Ist es eine Gnade, in einem Restaurant sitzen zu dürfen? Ist es eine Gnade, ein Konzert besuchen zu dürfen? Ist es eine Gnade, im Hotel zu übernachten? Ist es eine Gnade, ohne Maske herumlaufen zu dürfen? Ist es eine Gnade, wenn Kinder in den Kindergarten und in die Schule gehen dürfen? Ist es eine Gnade, wenn Musiker ihrem Beruf nachgehen können? Ist es eine Gnade, wenn man Freunde treffen kann?

Wäre all das eine Gnade, so würde ich den Bundespräsidenten bitten, im Hochgefühl seiner Wiederwahl sein Gnadenrecht auszuüben und diese Gnaden zu gewähren. Aber: Der Bundespräsident ist zwar Gnadenherr, wie es so schön heißt, und er darf auch, „im Einzelfall und für den Bund“, so steht es in Artikel 60 Absatz 2 des Grundgesetzes, sein Gnadenrecht ausüben. Aber: So ein Begnadigungsrecht hat der Bundesprä­sident nur bei verurteilten Terroristen und verurteilten Agenten, nicht bei Herrn oder Frau Mustermann.