Hamburg. Die Journalisten Christoph Schwennicke (r.) und Lars Haider pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.
Haider: Lieber Christoph, nicht zu früh, nicht zu spät. Ohne Streit. Ausgerechnet bei ihrem ersten Kanzlerkandidaten zeigen die Grünen den anderen Parteien, wie man es macht.
Schwennicke: Das find ich jetzt etwas grünaffin. Noch haben sie die Nummer auch nicht hingekriegt. Und selbst wenn sie es hinkriegen auf den ersten Blick: Das arbeitet bei der Nummer zwei, der auch die eins sein wollte, trotzdem. Und sorgt für Bitterstoffe. Grüne Macht ist nicht anders als andere Macht.
Haider: Bevor es Montag so weit ist, müssen wir uns natürlich festlegen: Ich glaube eigentlich, dass es Annalena Baerbock wird, weil die das Gegenmodell zu den anderen Kandidaten ist. Aber mit Robert Habeck hätten die Grünen aus meiner Sicht noch größere Chancen, näher an die CDU heranzukommen.
Schwennicke: Es wird Baerbock. Die Grünen können genetisch nicht gegen zwei Männer mit einem Mann antreten. Pech für Robert. Den Unterschied Baerbock/Habeck halte ich für marginal.
Haider: Und zur CDU: Wenn sie wider eigenes Erwarten nach 16 Jahren nicht mehr den Kanzler stellen sollte, ist sie selber schuld. Schwennicke: Ja. Und die meiste Schuld daran hat – na, was meinste bei mir?
Haider: Schuld ist für dich Angela Merkel, richtig?
Schwennicke: Du kennst mich halt nach all den Jahren. Sie hat erst AKK, ihre vormalige Wunschkandidatin, unbeirrt alleingelassen als Parteichefin, und Laschet lässt sie jetzt auch im Regen stehen. Obwohl er Merz, ihre Hassfigur, verhindert hat. Sagenhaft. Und die Angst der CDU-Abgeordneten, aus dem Bundestag rauszufliegen und sich deshalb den Retter Söder zu wünschen, geht auch auf sie zurück. Weil ihre Politik die CDU nicht mehr wählbar für zu viele Stammwähler gemacht hat. Und nun viele im Bundestag nach dem Gesetz des Eigennutzes der Gene als letzte Chance des eigenen Überlebens Söder sehen. Erbärmlich das alles.
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