Eine unheimliche Männerbewegung mobbt und pöbelt sich durchs Netz. Befeuert der Incel-Kult den Terrorismus?

Vor einigen Jahren sorgte eine merkwürdige Anbandelungstechnik für eine gewisse Erregung unter Männern. In den USA behaupteten Pick-up-Artists, zu Deutsch etwa „Anmachkünstler“, jede Frau von sich begeistern zu können. Tipps in Kursen und Büchern waren so aktuell und hilfreich wie Casanovas Memoiren, verbreiteten aber die irrige Annahme, dass Paarung ein Männerrecht sei und die vorbereitende Manipulation irgendwie natürlich. Die Herren Epstein und Weinstein dachten ähnlich über die Frauen als willfährige Sexmaschinen.

In amerikanischen Realityshows wurden damals junge Männer als „liebenswerte Verlierer“ bloßgestellt, die zugaben, noch nie eine Freundin gehabt zu haben. Weil die Tricks natürlich nicht funktionierten – auch Frauen lesen solche Bücher –, wuchs seither weltweit ein Verbund überwiegend junger enttäuschter Männer, die sich als Opfer moderner Weiblichkeit sahen und Frauen die Schuld an ihrem unfreiwilligen Zölibat gaben, englisch „Involuntary Celibate“, abgekürzt „Incel“. Incels aller Länder, in analogen Zeiten vereinzelt, haben sich auf digitalen Wegen zusammengeschlossen, um ein bizarres Weltbild aus Selbstmitleid, Größenwahn und Frauenhass zu pflegen. Wie bei den Corona-Leugnern scheint eine möglichst krause Ideologie den Zusammenhalt noch zu stärken.