Meinung
In eigener Sache

Warum unabhängiger Journalismus systemrelevant ist

| Lesedauer: 5 Minuten
Lars Haider
Lars Haider ist Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Lars Haider ist Chefredakteur des Hamburger Abendblatts.

Foto: HA / Andreas Laible

Immer montags gehen wir auf Kritik an der Berichterstattung, auf Wünsche, Fragen und Debatten ein – heute auch auf Lob.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde des Hamburger Abendblatts,


immer montags wollen wir uns mit Ihren Wünschen oder Ihrer Kritik beschäf­tigen. Wir wollen über die großen Leser(brief)-Debatten sprechen und Einblicke in unsere Arbeit geben, sowohl in die Art, wie wir recherchieren, als auch, wie das Abendblatt gemacht wird. Wenn Sie dazu Anregungen haben, immer her damit: chefredaktion@abendblatt.de.

Heute geht es um guten Journalismus in Zeiten der Krise – und eine Entwicklung, die viele überrascht. Denn all die Experten, die in den vergangenen Jahren geglaubt haben, dass die Menschen in Ausnahmesituationen vor allem in den sozialen Medien Hilfe und Unterstützung suchen, haben sich geirrt.

In diesen Tagen und Wochen, in denen es auf seriöse und gut aufbereitete Informationen ankommt, und in denen man alles gebrauchen kann, aber nun wirklich keine Fake News, kehren Millionen Menschen zu den sogenannten klassischen Medien zurück. Und damit in Hamburg natürlich zum Hamburger Abendblatt. Noch nie in der Geschichte von abendblatt­.de­ hatten wir dort mehr Leserinnen und Leser als im März, es sind fast doppelt so viele wie im Februar.

Nahezu alle Nachrichtensendungen verzeichnen Zuwächse

Die Zahl unserer Digital-Abonnenten hat im vergangenen Monat ebenfalls einen Höchststand erreicht. Es gab Tage, an denen wir rund 400 neue Abonnenten begrüßen durften, in normalen Zeiten waren es im Schnitt 75. Und dort, wo es das Hamburger Abendblatt in Supermärkten, Kiosken oder anderen Geschäften zu erhalten gab, war es in der Regel schnell ausverkauft. Wir sind dabei, diese Verkaufsstellen so zu beliefern, dass wirklich jeder sein Exemplar bekommt.

Noch mehr Zahlen: 55.000 Leserinnen und Leser haben den Corona-Newsletter abonniert, den die Titel der Funke Mediengruppe, zu der auch das Hamburger Abendblatt gehört, gemeinsam herausgeben. Rund fünf Millionen Menschen schauen täglich auf unsere Corona-Echtzeit-Karte. Und so könnte man auch mit Blick auf andere klassische Medien weitermachen: Die „Tagesschau“ kommt in der Spitze, wenn man alle Ausstrahlungswege mitzählt, auf fast 19 Millionen Zuschauer – das gelingt sonst nur Topfußballspielen mit Beteiligung der deutschen Nationalmannschaft. Nahezu alle Nachrichtensendungen verzeichnen Zuwächse um mehr als 50 Prozent, selbst in den jüngeren Zielgruppen. Und auch die politischen Talkshows wie „Anne Will“ wachsen wie noch nie.

Unabhängiger und seriöser Journalismus ist unverzichtbar

Soll heißen: Wer einen Beweis gebraucht hat, warum unabhängiger und seriöser Journalismus in einer Stadt wie Hamburg und in einem Land wie Deutschland unverzichtbar ist, erhält ihn in diesen Tagen.

Ja, Journalismus ist immer und gerade jetzt systemrelevant, weil er all das, was in rasender Geschwindigkeit passiert, einordnet. Weil er natürlich Gemeinsinn und Solidarität einfordert, aber gleichzeitig jede Maßnahme und jede Entscheidung kritisch hinterfragt.

Das ist wichtig in Zeiten von Allgemeinverfügungen, die grundlegende Rechte außer Kraft treten lassen. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Mathias Döpfner, hat das wie folgt formuliert und er hat recht: „Journalisten haben eine enorme Verantwortung. Und ich finde: Alles in allem werden sie dieser Verantwortung in beeindruckender Weise gerecht. (…) Am Auftrag der Journalisten darf sich aber auch in der Krise nichts ändern. Gerade dann nicht. (…) Wir brauchen keine zentralstaatliche Propaganda, sondern einen Wettbewerb kritischer Intelligenz. Vielleicht rückt durch die Krise auch der Wert von unabhängigem Journalismus wieder stärker ins Bewusstsein.“

Leser bedanken sich

Uns beim Hamburger Abendblatt erreichen derzeit fast jeden Tag E-Mails und Anrufe wie dieser von Frau Sprengert aus Reinbek: „Ich wollte ein ganz großes Dankeschön an mein geliebtes Abendblatt ausrichten.“ Und Stefanie Jankuhn schreibt: „Ihr schreibt jetzt viel über Menschen, die in der Krise zusammenhalten, die einander helfen und teilen. Ihr tragt einen wichtigen Teil dazu bei, dass unsere Stimmung (wenigstens in Hamburg und Umgebung) nicht kippt. Das finde ich wunderbar, und dafür möchte ich Euch einmal ein dickes Dankeschön aussprechen. Es ist eine große Leistung, ein Blatt in diesen herausfordernden Zeiten zu gestalten und zu liefern.“ Das stimmt, und deshalb möchte ich diesen Dank vor allem an unsere vielen Tausend Zusteller weitergeben, die auch in Krisenzeiten Sie, liebe Leserinnen und Leser, so gut es geht mit dem Abendblatt versorgen. Was wären wir in der Redaktion ohne Euch!

Ich will aber auch gern den Dank an Frau Sprengert und Frau Jankuhn zurückgeben und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, sagen, wie gut Ihr Zuspruch im Moment tut. Und ich kann Ihnen versprechen: Wir werden Sie auch in den nächsten Wochen so ausführlich und ausgewogen informieren, wie es nur geht. Bleiben Sie gesund!

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