Hamburg. Die Schulen geschlossen, die Kitas weitgehend dicht, der Semesterstart verschoben und alle größeren Veranstaltungen abgesagt. Nun macht Hamburg also Ernst mit dem Kampf gegen das neuartige Coronavirus – endlich!
Die Maßnahmen, die der Hamburger Senat am Freitag beschlossen hat, sind drastisch. Man sollte sich nichts vormachen: Das öffentliche Leben in der Hansestadt wird zumindest teilweise zum Erliegen kommen. Es ist ein harter Schnitt, aber er ist unumgänglich. Das zeigt die sich beschleunigende Ausbreitung des Erregers: Wurde noch Anfang März in Hamburg jeweils ein neuer Fall am Tag gemeldet, waren es zuletzt 19, 23 und gestern sogar 43.
Mit der Rückkehr der Urlauber drohte die Lage zu eskalieren
Mag sein, dass die Stadt in den vergangenen zwei Wochen noch davon profitiert hat, dass Ferien waren und viele Hamburger verreist. Mit ihrer Rückkehr – insbesondere aus den Skigebieten in Österreich und Norditalien – drohte die Lage nun zu eskalieren.
Viel zu sehr hatte man in den vergangenen Wochen das Gefühl, dass die Behörden – in Deutschland, aber auch in Hamburg – der Ausbreitung des Virus hinterherliefen und das Infektionsgeschehen mehr verwalteten, anstatt proaktiv einschneidende Maßnahmen zu erlassen, die die Ansteckungsgefahr wirklich hätten eindämmen können. Noch am Donnerstag hatte sich Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bei der Abstimmung der Ministerpräsidenten, die nach länderübergreifenden Regelungen gesucht hatten, eher als einer der Bremser gezeigt, der von seinen süddeutschen Kollegen von der Dringlichkeit einschneidender Maßnahmen überzeugt werden musste. So jedenfalls berichten es gut unterrichtete Kreise in Berlin.
Gesundheitssenatorin hat zu lange beschwichtigt
Zu lange hatte auch Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) vor allem beschwichtigt. Ihre Botschaft: Keine Sorge, wir haben alles im Griff. Das ist einerseits nachvollziehbar. Andererseits: Ob Vorsichtsmaßnahmen in Bus und Bahn, die Schulschließungen oder das Verbot von Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern – Hamburg setzte immer das um, was andere Bundesländer längst angekündigt hatten. So entstand zumindest der Eindruck, dass die Behörden keinen Schritt mehr unternehmen, als gerade absolut nötig ist. Unverständlich beispielsweise, warum es so lange gedauert hat, bis sich die Beteiligten endlich zur Verschiebung des Semesterstarts an Hamburgs Hochschulen durchringen konnten.
Dabei hätte man vom Geschehen in anderen Ländern, die uns im Zeitverlauf der Ausbreitung voraus sind, womöglich lernen können, was zu tun wäre und welche Fehler zu vermeiden sind. In der Krise sehnen sich die Menschen nach Führung, die spür- und sichtbar wird.
Jeder einzelne Hamburger steht in der Verantwortung
Aber auch die Stadtgesellschaft, also die Hamburger selbst, haben lange gebraucht, um wirklich zu verinnerlichen, was die Stunde geschlagen hat. Das zeigt der aberwitzige Plan, die Harry-Potter-Produktion in Hamburg dann eben vor 999 Zuschauern zu spielen, wenn Veranstaltungen ab 1000 Besuchern verboten sind – gerade so, als schaffe eine Person weniger mehr Sicherheit. Oder die Einladung, noch ein letztes Mal ins Theater, in die Oper, ins Konzert zu gehen, mit der die Häuser für ihre Veranstaltungen am Donnerstagabend warben – bevor sie dann am Freitag geschlossen wurden: wegen der großen Ansteckungsgefahr.
In der Verantwortung stehen aber nicht nur Behörden und Veranstalter, sondern jeder einzelne Hamburger: Sie sollten nach Möglichkeit zu Hause bleiben, auch wenn das oft Verzicht bedeutet – auf Feiern und Vergnügen, Erledigungen und Restaurantbesuche. Und sie sollten auf ihre Nachbarn schauen – gerade die älteren.
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