Die Grünen, in Hamburg wie im Bund, sind einerseits in einer beneidenswerten Situation: Ihr Leib- und Magenthema Klimaschutz beherrscht die Debatten bis in die Kinderzimmer hinein, ihr Führungspersonal gilt als attraktiv und kompetent, die Umfragewerte steigen und steigen – und damit auch die Aussicht auf Macht, Mandate und Posten. Dass der Partei, die zudem durch flache Hierarchien schnelle Aufstiege ermöglicht, neue Mitglieder die Tür einrennen, verwundert also nicht – in Hamburg sind die Grünen innerhalb von zwei Jahren um 75 Prozent auf fast 2800 Mitglieder gewachsen.
Doch dieser Erfolg hat auch Schattenseiten. Da ist zum einen ein immenser Erwartungsdruck: Von dieser immer noch vergleichsweise kleinen Partei wird nicht weniger als die Rettung der Erde erwartet. Ob die vermeintlichen Heilsbringer diesem Druck gewachsen sind, muss sich noch erweisen.
Zum anderen besteht die Gefahr, dass der Hype den Grünen vermehrt auch Mitglieder beschert, die sich nur bedingt mit den Werten der Partei identifizieren – wie die zwei neuen Bezirksabgeordneten in Hamburg-Mitte, die islamistischen Organisationen nahestehen sollen. Dass dies bei Eintritt nicht sofort auffiel, ist nicht vorzuwerfen, schließlich führen Parteien in der Regel keine Gesinnungsprüfung bei Neumitgliedern durch.
Fragwürdig ist jedoch der zeitliche Ablauf. Bereits Anfang des Jahres gab es Hinweise auf die zweifelhaften Haltungen dieser und weiterer Neumitglieder. Dennoch wurden sie für die Bezirkswahl nominiert und gewählt. Drei Wochen nach der Wahl fällt die Partei plötzlich aus allen Wolken und kündigt Aufklärung an. Das nährt den Verdacht, dass die Geschichte vor der Wahl unter dem Deckel gehalten wurde – und den sollten die Grünen schnellstens ausräumen
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