Man darf den Ausgang der israelischen Parlamentswahl durchaus als Denkzettel für Premier Benjamin Netanjahu interpretieren. Dessen Selbstverliebtheit, sein polarisierender Politikstil, hat viele Israelis vor den Kopf gestoßen. Der Regierungschef arbeitet mit groben Feindbildern – sei es nach außen mit Blick auf den Iran oder nach innen gegenüber seinen
politischen Gegnern.
Das Patt-Ergebnis der großen Parteien überrascht deshalb, weil Netanjahu ein begnadeter Redner und Wahlkämpfer ist. Er gilt als charismatischer Vollblut-Politiker, der eine Reihe von Trümpfen aufweisen kann. Er hat es geschafft, sich in der politisch unruhigen Region Nahost als großer internationaler Spieler zu positionieren: Er pflegt einen ganz engen Draht zu Trump, der ihm kurz vor der Wahl im Alleingang – und am Völkerrecht vorbei – die Souveränität über die Golanhöhen zugesprochen hat.