Lange, viel zu lange hatte der rot-grüne Senat den Ärger der Bürger über das regelmäßige Verkehrschaos auf Hamburgs Straßen ignoriert und nach dem Motto reagiert: Was wollt Ihr denn? Wir bauen halt viel, also gibt es auch viel Stau. Dabei wurde im Rathaus übersehen, dass die Bürger für die meisten Baustellen sehr wohl Verständnis haben und auch für die eine oder andere Verkehrsbehinderung – nicht aber für Baustellen an jeder Ecke, die mitunter scheinbar völlig unkoordiniert ganze Stadtteile lahmlegten.
Ein halbes Jahr vor den Bezirkswahlen – Zufälle gibt’s – reagiert der Senat doch noch, und das mit Macht. Gut so. Im Zentrum steht die Stärkung der Koordinierungsstelle KOST: Dass sie nun über wirklich alle verkehrsrelevanten Baustellen informiert wird, um überhaupt etwas koordinieren zu können, lässt hoffen – auch wenn die Frage erlaubt sei, warum so eine Selbstverständlichkeit nicht längst Praxis war.
Klare Eskalationsstrategien, die regeln, wer wann was abzustimmen und zu entscheiden hat, mehr Polizeipräsenz an neuralgischen Punkten, dazu die Flexibilität, Tagesbaustellen wieder abzuräumen, wenn sie für zu viel Stau sorgen – das liest sich alles vernünftig. Aber Papier ist bekanntlich geduldig.
Ob diese Beschlüsse tatsächlich etwas ändern, hängt letztlich vom Willen der Beteiligten ab, sie auch umzusetzen.
Ein Beispiel: Dass auf Straßenbaustellen selten bis nie im Mehrschichtbetrieb gearbeitet wird, liegt ja nicht nur daran, dass es hohe Hürden gibt (Stichwort Lärmschutz) und die Stadt die höheren Kosten scheut – sondern auch daran, dass die gut ausgelasteten Baufirmen am längeren Hebel sitzen und das gar nicht erst anbieten. Hier muss der Senat mehr Druck auf die Firmen ausüben und die flexiblen bevorzugen.
Das beste Mittel gegen Stau haben die Bürger selbst in der Hand – indem sie das Auto stehen lassen und Bus, Bahn oder Rad fahren. Das sollte der Senat weiter mit aller Macht fördern – auch wenn dazu Baustellen nötig sind.
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