Meinung
Leitartikel

Uni Hamburg ist auferstanden aus Ruinen

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Peter Ulrich Meyer

Die Hamburger Universität rückt in die Gruppe der Spitzen-Hochschulen auf.

Da darf man sich schon etwas verwundert die Augen reiben: Die Hamburger Universität ist auf dem Weg, zur Spitze der deutschen Forschungsstätten aufzuschließen. Die Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern hat beschlossen, dass alle vier eingereichten „international wettbewerbsfähigen Forschungsfelder“, die sogenannten „Exzellenzcluster“, unter der Federführung der Universität mit insgesamt rund 164 Millionen Euro gefördert werden. Allein Berlin, München und Bonn können eine gleich hohe Quote mit vier Exzellenzclustern vorweisen. Der prestigeträchtige Titel „Exzellenz-Universität“ ist für Hamburg in Reichweite.

Ausgerechnet die Uni, die mit ihren mehr als 40.000 Studierenden eine der größten in Deutschland ist und noch vor wenigen Jahren mehr für Masse statt für Klasse bekannt war. Mancher sah die Hochschule leistungsmäßig eher auf einer Ebene mit Paderborn und nicht mit München oder Berlin. Und es ist gerade einmal vier Jahre her, dass Universitäts-Präsident Dieter Lenzen ebenso polemisch wie diskursprägend von den „Ruinen“ sprach, „die sie hier Universität nennen“.

Der in diesem Umfang letztlich überraschende Erfolg hat selbstverständlich Ursachen, ein Beispiel: Vor rund zehn Jahren hatte der damalige CDU-Senat mit der Cluster-Strategie und dem Ausbau des Campus Bahrenfeld rund um das Deutsche Elektronen-Synchrotron einen Keim für den jetzigen Riesenerfolg gelegt. Seit 2017 ist in Bahrenfeld zudem der Super-Röntgenlaser European XFEL in Betrieb. Die Wissenschaftler dieser Einrichtungen werden sich nun am Exzellenzcluster „Neue Einblicke in die Materie“ beteiligen.

Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hat einen kräftigen Anteil an der positiven Entwicklung. Die Zweite Bürgermeisterin hat seit 2015 mit dem ihr eigenen Temperament den Themenkomplex Wissenschaft, Forschung und Hochschulen auf der politischen Agenda der Stadt weit nach vorn gerückt. Inzwischen ist auch die finanzielle Ausstattung der Hochschulen besser geworden.

Es ist vermutlich kein Zufall, dass diese Trendwende – die auch, aber eben nicht nur eine klimatische ist – nicht von einem Mann oder einer Frau mit SPD-Parteibuch eingeleitet und vorangetrieben wurde. Die Hamburger Sozialdemokraten haben sich immer schwer mit der Wissenschaftspolitik getan. In den zurückliegenden 45 Jahren, in denen die SPD 35 Jahre lang den Bürgermeister gestellt hat, lag die Wissenschaftsbehörde nur sechs Jahre lang in Händen der Partei. Gern überließen die Genossen das Ressort der FDP, den Grünen oder holten einen Parteilosen.

Auch nach dem Regierungswechsel 2011 hatte die Hochschulpolitik unter der Ägide von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) anfangs keine Priorität. Im Gegenteil: Alle Hochschulen, nicht nur die Universität, ächzten unter dem Sparkurs des SPD-Senats, der ihnen eine magere Budgetsteigerung von knapp einem Prozent zumutete, was angesichts von Inflationsrate und Tarifsteigerungen ein reales Minus bedeutete. Die Gebäude der Uni sind lange vernachlässigt worden – der Sanierungsstau beträgt eine halbe Milliarde Euro. Spät erst erkannte Scholz das Potenzial der Wissenschaft für die Stadt und vollzog einen Kurswechsel.

Bei aller berechtigten Freude über die Spitzenforschung: Die große Aufgabe Fegebanks liegt darin, die Qualität der Forschung auf allen Ebenen voranzutreiben und letztlich auch die Studienbedingungen zu verbessern.

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