Es war eine Klimakonferenz der Symbole. Die Fidschi-Inseln als Gastgeber, dem im eigenen Land kein Platz zur Verfügung steht, um die 25.000 Teilnehmer aufzunehmen. Dem das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht und der es in Bonn den Tausenden Klimadiplomaten ungeschönt ins Gesicht sagte: Es ist keine Zeit mehr, um zu reden. Handelt endlich. Und neben Fidschi saß Deutschland, das als Co-Gastgeber die Bühne bereitete und sie anderen überließ: Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron etwa, der in Bonn wie ein Popstar gefeiert wurde. Ein krasser Gegensatz zur deutschen Delegation: Eine Bundesregierung, die geschäftsführend im Amt ist, und eine Bundeskanzlerin, die bei der Kohlefrage im Vagen blieb – das hinterließ bei den Diplomaten der Uno-Vertragsstaaten viele Fragezeichen.
Die Bonner Konferenz machte auch deutlich, dass die Uno-Staaten nach dem diplomatischen Meisterstück in Paris 2015 in der harten Realität der Klimaverhandlungen angekommen sind. Macron, Arnold Schwarzenegger oder Leonardo DiCaprio: Die hoch komplizierten, technischen Klimagipfel brauchen Gesichter, um von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Doch am Beispiel Deutschlands zeigte sich, welch große Herausforderung die Energiewende ist. Macron, dessen Land auf Atomstrom setzt, fällt der Ruf nach dem Kohleausstieg oder einem Mindestpreis für CO2 leicht. In Deutschland muss sich die Kanzlerin Merkel um die Frage kümmern, was aus den Menschen in den Tagebauregionen in der Lausitz und Nordrhein-Westfalen wird, falls sich eine neue Bundesregierung dazu durchringen kann, den Einstieg in den Kohleausstieg zu beschließen. Die Erkenntnis aus Paris und Bonn ist auch die: Investoren und Energiewirtschaft ziehen sich weltweit aus den fossilen Energien zurück. Der Weltklimavertrag, dessen Regelbuch nun in grober Form vorliegt, zeigt Wirkung.
Die Konferenz hatte weder historische Beschlüsse noch politische Durchbrüche zu verkünden. Doch sie gilt bereits als Maßstab für kommende Klimagipfel. Abseits der Verhandlungsräume zeigten Länder, Unternehmen und Wissenschaftler, dass Maßnahmen zum Klimaschutz nicht allein Verzicht bedeuten müssen. Die Zeltstadt in den Rheinwiesen war eine riesige Wirtschaftsmesse: elektrische Antriebe, klimaschonender Umgang mit Ressourcen, Ideen für den Nahverkehr, Energiespartechniken in Gebäuden. Es war, als blicke man mit einem Fernrohr in eine Zukunft, die so aussehen könnte. Wenn man es denn will.
Die Bonner Konferenz zeigte auch das: Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, aus dem Abkommen von Paris auszutreten, hat nicht den befürchteten Domino-Effekt ausgelöst, sondern den Geist von Paris beflügelt. In einem futuristischen Riesenzelt, dem „U.S. Climate Action Center“, präsentierte sich das andere Amerika, das die von Barack Obama versprochenen Klimaschutzzusagen in Eigenleistung erbringen will.
Klar ist jedoch auch, wie weit der Weg zu den Kernpunkten des Abkommen noch ist. Das, was die Staaten bislang an Zusagen auf den Tisch gelegt haben, reicht nach Ansicht der Wissenschaft bei Weitem nicht aus, um die Folgen der Erderwärmung in Schach zu halten. Bei der nächsten Konferenz in einem Jahr in Polen geht es darum, Ziele zu verschärfen und Finanztöpfe aufzufüllen. Die Textarbeit dazu wurde in Bonn geleistet. Keine große Botschaft. Aber eine gute Nachricht.
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