Rund 602 Millionen Euro hat Hamburg im vergangenen Jahr für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen ausgegeben. Das waren fast fünf Prozent dessen, was den Haushalt der Hansestadt ausmachte. Oder, um einen anderen Vergleich zu bemühen: Für die Kindertagesbetreuung standen in dem Zeitraum knapp 690 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Senat hat gestern die Drucksache beschlossen, mit der Bürgerschaft und Öffentlichkeit sozusagen eine Abschlussrechnung vorgelegt wird. Unabhängig davon, wie man zu der massenhaften Aufnahme von Flüchtlingen steht, so gilt es anzuerkennen: Hamburg hat in der Krise Enormes geleistet. Dessen sollte man sich bei allen Meinungsunterschieden bewusst sein.
Ein Posten sticht in dieser Abrechnung heraus: für Sicherheitsdienstleistungen – also die Bewachung von Flüchtlingsunterkünften – wurden im vergangenen Jahr allein rund 56 Millionen Euro ausgegeben. Mit anderen Worten: Gut jeder zehnte Euro aus dem Flüchtlingstopf ging dafür drauf, Asylbewerber zu bewachen.
Bevor die Empörung zu groß wird, sei darauf hingewiesen, dass ein angemessener Schutz von derartigen Einrichtungen unverzichtbar ist. Auch wenn es glücklicherweise Einzelfälle blieben, so gebietet die ständige Gefahr, dass Anschläge auf Flüchtlingsheime verübt werden, diese Vorsorge.
Hinzu kommt, dass Bewachungsaufgaben personalintensiv sind und „rund um die Uhr“ organisiert werden müssen. Jeder, dem die Höhe der Ausgaben aufstößt, sollte daran denken, was „rund um die Uhr“ bedeutet: in der Woche, am Wochenende, am Tag, in der Nacht, sonn- und feiertags.
Auch der Hinweis aus dem Haus des Flüchtlingskoordinators, Sicherheitsleute seien zugleich Ansprechpartner für viele Alltagsfragen, ist nicht von der Hand zu weisen.
Nichtsdestotrotz ergeben sich aus der Abrechnung Fragen. Die Zahl der Flüchtlinge ist seit den Krisenmonaten im Herbst 2015 dramatisch zurückgegangen. So hatte Hamburg im vergangenen Jahr rund 7600 Flüchtlinge unterzubringen, während es im Jahr zuvor noch fast dreimal so viele waren. Derzeit leben rund 51.500 Flüchtlinge in der Hansestadt.
Auch wenn man berücksichtigt, dass es am Anfang ziemlich chaotisch zuging und eine gewisse Großzügigkeit bei den Planungen gerechtfertigt war: Die Frage der Opposition, warum im Jahresverlauf die Aufwendungen für die Sicherheitsunternehmen fast gar nicht zurückgingen, ist mehr als berechtigt. Auch die gestern verabschiedete Senatsdrucksache gibt dafür keine nachvollziehbare Erklärung.
Man muss kein Oppositionspolitiker sein, um angesichts der „Verschlossenheit“ der zuständigen Behörden ein mulmiges Gefühl zu bekommen. Es geht immerhin um unglaublich viel Geld. Ein scharfes Controlling plus Transparenz wären deshalb besonders in diesen Fragen angebracht. In der Pflicht stehen hier zuallererst die Behörden der Stadt.
Seit dem Sommer des vergangenen Jahres fordert die Opposition – bislang erfolglos – eine aufwandsbezogene, periodengenaue Abrechnung etwa der Bewachungskosten. Auch das monatelange Hin und Her um die Betreiberverträge für die Flüchtlingsunterkünfte lässt fürchten, dass es am Ende für den Steuerzahler teurer wird als nötig.
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) weist gern darauf hin, dass ihm ordentliches Regieren wichtig ist. Transparenz sollten unbedingt dazugehören.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Meinung