Fast scheint es so, als könnte die eine nicht ohne die andere. Es war am 16. Juni 2003, als die HSH Nordbank mit einer rauschenden Party gegründet und als die neue Ertragsperle des Nordens gefeiert wurde. Nur zehn Tage später, am 26. Juni 2003, löste das erste Modell eines Konzerthauses, das später den Namen Elbphilharmonie bekam, eine Euphoriewelle in Hamburg aus.
2008 wurde bekannt, dass der mittlerweile größte Schiffsfinanzierer der Welt wegen der globalen Finanzkrise kurz vor dem Bankrott steht – fast zeitgleich schrieb der Hamburger Senat an einer Drucksache, wonach die Kosten für die Elbphilharmonie sich verdreifachen. 2011 wurden aus dem gemeinsamen Auf und Ab dann zwei gegenläufige Wellen: Während die HSH in ruhigeres Fahrwasser zu kommen schien und die staatliche Garantie von zehn auf sieben Milliarden Euro gesenkt wurde, legte Hochtief die Baustelle der Elbphilharmonie im Clinch mit der Stadt still – der Tiefpunkt.
2013 drehte sich die Geschichte dann wieder um: Hier sorgte Olaf Scholz mit der Neuordnung der Verträge dafür, dass das Konzerthaus in einem Rutsch zu Ende gebaut wurde – dort bekamen die Landesregierungen die sich wieder zuspitzende Lage bei der HSH nicht in den Griff. Ende 2015 musste ein weiteres Rettungspaket die Bank vor dem Aus retten.
HSH: 16 Milliarden Euro Verlust?
Anfang 2017 nun der maximale Gegensatz: Mit der Aussage, er halte Verluste aus der HSH Nordbank von bis zu 16 Milliarden Euro für die Länder für möglich, reißt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig die Norddeutschen aus dem Freudentaumel der Elbphilharmonie-Eröffnung. War da noch was? Ja, und ob. So erschreckend die Summe klingt, so realistisch ist sie leider auch. Nicht umsonst kommt der renommierte Ökonom Martin Hellwig fast zeitgleich auf die gleiche Größenordnung – wohlgemerkt: mindestens.
Sein Vorwurf, die Bank und die Landesregierungen hätten das wahre Ausmaß der Katastrophe vertuscht, ist allerdings zumindest mit Blick auf die aktuell Verantwortlichen kaum zu halten. In Hamburg haben sowohl der SPD-Bürgermeister als auch der Finanzsenator seit Amtsantritt 2011 immer wieder mahnend vor dem „größten Risiko“ für die Stadt gewarnt, sie haben Rückstellungen in Höhe von fünf Milliarden Euro gebildet und die Anteile städtischer Gesellschaften an der HSH abschreiben lassen. Das alles war bekannt und ließ schon den Schluss zu, dass die Stadt viele Milliarden Euro in den Sand gesetzt – oder besser: auf den Weltmeeren versenkt hat.
Landesregierungen haben versagt
So landen wir wieder bei Gemeinsamkeiten: Staatliche Großprojekte bedürfen enger politischer Kontrolle. Das ist beim Bau der Elbphilharmonie durch den damaligen CDU-Senat in fahrlässiger Weise versäumt worden, konnte aber von den Nachfolgern kurz vor dem großen Knall gerade noch repariert werden. Bei der Fusion zweier Landesbanken zur HSH Nordbank haben zwei Landesregierungen, eine SPD-geführte in Kiel und eine CDU-geführte in Hamburg, kläglich versagt, als es darum ging, den irrwitzigen Expansionskurs der Bank zu kontrollieren. Die Nachfolger konnten nur noch retten, was zu retten ist. Heute wissen wir: Viel ist nicht zu retten.
Dass das Finale mit dem von der EU verordneten Verkauf der Bank in eine Zeit der Haushaltsüberschüsse fällt, ist eine Ironie der Geschichte, aber auch ein Glücksfall. Hamburg und Schleswig-Holstein machen keine neuen Schulden mehr und bauen sogar alte ab – nicht ansatzweise in der Größenordnung, die die Endabrechnung der HSH haben wird. Aber ein finanziell gesundes Land wird der Schlag nicht ganz so hart treffen wie ein krankes. Denn hart wird es, so oder so.
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