Die urbane Mobilität braucht mehr Achtsamkeit Autofahrer Rettungswagen

Sie wollen helfen, doch sie können es nicht. Der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst hat jetzt auf einen Missstand in der modernen urbanen Gesellschaft hingewiesen: Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer behindern zunehmend den Einsatz von Rettungsfahrzeugen der Feuerwehr, des DRK und anderer Organisationen. Rettungswege würden ohne Zögern zugeparkt und Rettungsgassen im fließenden Verkehr erst gar nicht gebildet, berichten sie.

Es ist allerdings zu einfach, allein den Autofahrern die Schuld an den erheblichen zeitlichen Verzögerungen bei vielen Rettungsfahrten zu geben. Sicher ist es wichtig, dass alle Verkehrsteilnehmer aufmerksam und wie in der Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben auf Blaulicht und Martinshorn reagieren. Und absolut verwerflich ist es, wenn Rettungswege zugeparkt werden. Die Hauptursache aber liegt im insgesamt hohen Verkehrsaufkommen der Stadt. Wer jährlich 6000 neue Wohnungen bauen lässt, holt eben auch neue Autos, Fahrräder und Mopeds nach Hamburg. Auf den Straßen wird es immer enger – zumal, wenn mal wieder Großveranstaltungen Touristen in die Hansestadt locken. Die Behinderung von Rettungsfahrzeugen ist daher nicht nur ein Problem falschen Verkehrsverhaltens einzelner Autofahrer, sondern ein Phänomen gesteigerter urbaner Mobilität. Der Verkehrsinfarkt schadet somit auch jenen Menschen, die minutenschnell medizinischer Hilfe bedürfen.

Dazu kommt, dass eine moderne Metropole wie Hamburg Individualität stärker fördert als den Sinn für Gemeinschaft und den Blick für den Mitmenschen. Wenn Tausende Hamburger morgens mit ihren überdimensionierten Kopfhörern von den Straßen in die Büros strömen, signalisieren sie optisch die akustische Abschottung von der Welt da draußen. Ein Martinshorn kann man so nicht hören. Was die Rettungskräfte bei ihren Noteinsätzen brauchen, sind also weniger frequentierte Straßen, freie Rettungswege – und achtsame Verkehrsteilnehmer, die nicht nur um ihr eigenes Leben kreisen. Denn morgen könnten auch sie es sein, die einen Rettungswagen benötigen.