Vertrag mit HSV-Investor Kühne ist ein kluger Schachzug, aber nur der erste Schritt

Eines muss man Klaus-Michael Kühne lassen: Der Milliardär mit Wohnsitz in der Schweiz macht es gerne spannend. Schon bei der Rückholaktion seines Lieblingsspielers Rafael van der Vaart im August 2012 zockte Kühne bis zur letzten Minute. Damals galten die Verhandlungen mit den Tottenham Hotspurs als gescheitert, ehe man sich am Ende doch noch auf einen Transfer einigte – maßgeblich von Kühne finanziert.

Auch beim Kauf der Anteile an der neuen HSV AG ließ Kühne die Frist zur Umwandlung seines Darlehens verstreichen. Noch eben rechtzeitig vor der Mitgliederversammlung am Sonntag wandelt er doch noch 18,75 Millionen seines 25-Millionen-Kredits in Anteile um, kauft zudem die Namensrechte an der Arena. Dennoch wird das Stadion nicht unter dem Schriftzug seines Logistik-Riesen Kühne + Nagel firmieren, sondern wieder den Namen der Herzen tragen: Volksparkstadion. Kühne dürfte sich damit bei den HSV-Fans mehr Sympathien erworben haben als mit einem Kauf eines noch so teuren Spielers. Der Milliardär, der zeitweise aus Sorge um seine körperliche Unversehrtheit die Arena mied, hat damit eine Brücke auch zu den Anhängern gebaut, die ihn höchst kritisch sehen.

Bleibt die Frage nach dem Kurs, für den Kühne nunmehr 7,5 Prozent Anteile an der HSV-AG zeichnen konnte. Hochgerechnet ist der HSV damit 250 Millionen Euro wert, die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte den Verein in der Spitze höher bewertet. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Investorensuche bis dato außerordentlich schleppend verlief. Da tickt der Fußball nicht anders als andere Branchen: Entscheidend für die Höhe des Kurses sind die wirtschaftliche Kraft und die Perspektive. Und nur zur Erinnerung: Mit kümmerlichen neun geschossenen Toren und gerade 17 Zählern liegt der finanziell extrem klamme HSV nach der Hinrunde gerade mal zwei Zähler vor einem direkten Abstiegsplatz. Und man muss kein Wirtschaftsexperte sein, um sich auszumalen, wie viel das Kühne-Paket bei einem Gang in die Zweite Liga noch wert wäre. So gesehen geht Kühne sehr wohl ins Risiko.

Der Deal, der insgesamt rund 35 Millionen Euro wert sein dürfte, gibt dem Bundesliga-Dino zumindest wieder Luft zum Atmen. Von den ursprünglich 25 Millionen Euro Kühne-Darlehen muss der HSV nur noch 6,25 Millionen bis 2019 zurückzahlen, schon die gesparten Zinsen sind immens. Damit sollten sich zumindest Sorgen um die Lizenz erledigt haben.

Die HSV-Macher wären indes denkbar schlecht beraten, nun wieder das ganz große Transferrad drehen zu wollen. Viel zu oft wurden neue Einnahmen direkt wieder verplant, statt endlich den Club zu konsolidieren. Mit einem aktuellen Etat von 50 Millionen Euro für die Lizenzspielerabteilung liegt der HSV rund zehn Millionen Euro über der ursprünglichen Kalkulation, verglichen damit ist die sportliche Rendite katastrophal. Clubchef Dietmar Beiersdorfer wird sich daran messen lassen müssen, dass sein Konzept des personellen Neuaufbaus mit dem gezielten Einbau von Talenten aus dem eigenen Nachwuchs Früchte trägt. Kein Club in der Bundesliga leistete sich in den vergangenen Jahren so viele Flops auf dem Transfermarkt, vom ständigen Wechsel auf der Position des Trainers ganz zu schweigen. Nur mit sportlich deutlich besseren Auftritten hat der HSV eine Chance, weitere Investoren zu überzeugen. Denn kein Vorstandschef eines großen Unternehmens wird Anteile eines Abstiegskandidaten zeichnen wollen.

Von einem Befreiungsschlag kann daher keine Rede sein. Zumal Kühne in Geschäftsdingen als höchst fordernd gilt. Der eigenwillige Investor wird nun noch genauer hinschauen, ob mit seinem Geld auch vernünftig gewirtschaftet wird. Keine Frage, der Erfolgsdruck bleibt groß im Volkspark.

Der Autor ist Sportchef des Hamburger Abendblatts