Deutschlands Schlüsselbranche blickt auf ein gutes Jahr zurück. Innovationen sind gefragt

Die deutsche Automobilindustrie ist eng mit dem ökonomischen Aufschwung der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden – und sie wird auch in den nächsten Jahrzehnten zusammen mit dem Maschinenbau das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden. Vermeintliche Zukunftsforscher haben bereits vor Jahren der individuellen Motorisierung den Tod vorausgesagt – doch der private Pkw ist so lebendig wie selten zuvor.

Gut drei Millionen Neuzulassungen zählte das Kraftfahrt-Bundesamt im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen. Der Pkw-Bestand wächst seit 2008 kontinuierlich und liegt bei gut 44 Millionen. Carsharing-Anbieter und Mitfahrzentralen verzeichnen mehr Kunden – doch im Vergleich zum Privatauto führen sie nur ein Randdasein.

Dennoch ist Deutschland – auch mit Blick auf die demografische Entwicklung – für die heimischen Hersteller nicht mehr der Markt der Zukunft. Schließlich gehen bereits rund 75 Prozent der von ihnen hergestellten Fahrzeuge in den Export. Produktionsstätten der großen deutschen Hersteller in Asien oder Amerika sind die Regel, nicht mehr die Ausnahme. Und dennoch konnte die Zahl der Beschäftigten in den heimischen Werken und bei den Zulieferern seit 2010 stetig gesteigert werden – auf einen Rekordwert von insgesamt mehr als 750.000.

Dass sich diese Entwicklung so positiv fortsetzen wird, ist allerdings kein Selbstläufer. Mercedes, VW, BMW und Co. müssen sich einer harten Konkurrenz aus Europa und Asien erwehren. Und trotzdem stimmt der technologische Fortschritt „made in Germany“ zuversichtlich.

Die Zeiten, in denen mit Blick auf Hybrid- und Elektroautos die Fachwelt nur von Herstellern aus Japan und Frankreich gesprochen hat, sind vorbei. Längst gibt es technisch ausgezeichnete und vor allem bezahlbare Alternativen aus deutscher Produktion. Noch sind Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen zwar eine Rarität. Doch unter dem Druck der Umweltschutz-Gesetzgebung wird ihnen die Zukunft gehören – und das vollkommen zu Recht. Wer in den Innenstädten europäischer Metropolen wie Rom oder Barcelona schon einmal Hustenanfälle und tränende Augen wegen der immensen Menge an Abgasen bekommen hat, kann sich in etwa vorstellen, wie erholsam ein Leben in diesen Zentren ohne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wäre.

Doch nicht nur die Ökologie wird bei der Pkw-Produktion der Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Auch der Sicherheitsgedanke dürfte – nicht zuletzt wegen der Überalterung der Gesellschaft – stärker in den Fokus rücken. Innovative Airbag-Technologie und der Einsatz leichter Verbundwerkstoffe sind bereits Standard. Doch in den Entwicklungsabteilungen der Autohersteller beschäftigen sich immer mehr Forscher mit der Frage: Wie kann man Autofahren noch einfacher machen? So ließ Audi zur Technikmesse CES einen mit rund 20 Sensoren ausgerüsteten selbst fahrenden A7 rund 900 Kilometer in zwei Tagen vom Entwicklungslabor im Silicon Valley nach Las Vegas zurücklegen. Pkw, die zumindest lange Autobahnfahrten bewältigen, ohne dass Lenkrad, Gaspedal und Bremse bedient werden müssen – noch hört sich das nach Science-Fiction an. Noch.

Auch wenn Billiganbieter wie die rumänische Renault-Tochter Dacia beachtliche Verkaufserfolge feiern und die japanischen Forschungsabteilungen von Toyota bei der Hybrid-Entwicklung weiterhin einen Vorsprung vor der Konkurrenz haben – Deutschlands Autobauer haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder bewiesen, dass ihre Ingenieurskunst weltweit spitze ist.

Bleibt zu hoffen, dass die Ideenschmieden weiter auf Hochtouren produzieren – für den Wohlstand des gesamten Landes.

Der Autor leitet das Wirtschaftsressort beim Hamburger Abendblatt