Wer die Stärke hat, eine psychische Schwäche nicht nur anzunehmen, sondern auch offen zu thematisieren und zu bearbeiten, der beweist eine enorme Leistungsfähigkeit. Ein Kommentar

Die Nachricht von der psychischen Erkrankung ihres Angreifers Frédérik Cabana, die die Hamburg Freezers am Mittwoch verbreiteten, macht aus zweierlei Gründen betroffen. Zum einen, weil man dem stets freundlichen, offenen und humorvollen Eishockeyprofi natürlich die schnellstmögliche, vor allem aber eine vollständige Genesung wünscht, bei der ihm die Vertragsauflösung hoffentlich die beste Hilfe ist, die ihm sein Verein geben konnte.

Zum anderen zeigt der Umgang der Freezers mit dem Thema Depression, dass der Selbstmord des Fußball-Nationaltorhüters Robert Enke vor fünf Jahren beileibe nicht das Umdenken eingeleitet hat, das man sich erhoffte. Um es klar zu sagen: Den Freezers und Cabana ist kein Vorwurf zu machen, dass sie wochenlang Rückenprobleme als Ausfallgrund vorschoben, obwohl intern längst die wahren Ursachen bekannt waren. Vielmehr zeigt die Verschwiegenheit, dass psychischen Erkrankungen noch immer das Stigma anhaftet, das besonders Leistungssportler fürchten: dass sie mit kranker Seele nie mehr Leistung werden bringen können.

Natürlich ist das blanker Unsinn. Wer die Stärke hat, eine psychische Schwäche nicht nur anzunehmen, sondern auch offen zu thematisieren und zu bearbeiten, der beweist eine enorme Leistungsfähigkeit. Und es gibt mittlerweile eine große Bandbreite von Lösungswegen, um die Krankheit zu besiegen. Aber solange sich Profisportvereine oder -verbände zwar ein Bataillon von Experten finanzieren, das sich um körperliche Leiden der Athleten kümmert, aber für einen Mentalcoach oder einen Psychologen kein Budget freizuschlagen; so lange werden seelische Leiden weiter stigmatisiert – und damit schlimmer gemacht, als sie ohnehin schon sind.