Auch wenn ein Ja beim Referendum unsicher ist: Hamburg muss um die Spiele kämpfen

Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) hat nach zweitägigen Beratungen klargestellt, dass es an einer deutschen Bewerbung für Sommerspiele 2024 und 2028 festhält. Nach zuletzt irritierenden Äußerungen sollte dieses Bekenntnis letzte Zweifel an den Absichten des DOSB ausräumen.

Dass der Sportbund seinen Zeitplan umstieß, jetzt doch den Reformkongress des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 8./9. Dezember abwarten möchte und erst am 21. März 2015 den nationalen Kandidaten küren will, mögen Kritiker als nicht gerade vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Kandidaten Berlin und Hamburg werten. Die Verschiebung bleibt zumindest unter dem Aspekt verständlich, um beiden Städten im Kommunikationsprozess mit ihren Bürgern weitere überzeugende Argumente für ein finales Referendum zu liefern. Ein Ja zu Olympia scheint schließlich nach den jüngsten Meinungsumfragen des DOSB derzeit weder in Berlin noch in Hamburg wahrscheinlich, weil bei zu erwartender geringer Wahlbeteiligung eher Gegner als Befürworter über das Projekt abstimmen werden; ein bekanntes Phänomen und die Kehrseite der wünschenswerten Volksbeteiligung.

Sportliche Großveranstaltungen sind kein prunkvoll inszenierter Selbstzweck mehr, sie sind substanzieller Teil der Entwicklung eines Landes. Mit ihr gehen Bau, Modernisierung und Sanierung von Stadien, Hallen und Bewegungsräumen einher, verbesserte Ausbildung von Trainern, gezieltere Förderung von Talenten, steigende staatliche Unterstützung. Es hat ja seinen Grund, dass sich der Deutsche Fußball-Bund regelmäßig um Welt- und Europameisterschaften bemüht, aktuell um die EM 2024, um seine Infrastruktur mit öffentlichen Mitteln auf den neuesten Stand zu bringen, was hierzulande übrigens kaum Widerstand hervorruft. Der Triumph bei der WM 2014 ist eben auch darauf zurückzuführen, dass der Fußball in Deutschland inzwischen die weltweit besten Bedingungen vorfindet, um sich weiterzuentwickeln.

Dieselben Argumente ließen sich für Olympia finden. Die Sommerspiele 2012 in London befeuerten nicht nur den dortigen Spitzensport, auch der Breitensport profitierte nachhaltig. Die Briten bewegen sich heute mehr denn je. Die Zusammenhänge sind bekannt: Vorbilder animieren Nachahmer. Boris Becker und Steffi Graf lösten in den 80er-Jahren einen Tennisboom aus, die Erfolge Bernhard Langers öffneten dem Golfsport alle gesellschaftlichen Schichten.

Sport ist längst nicht mehr die schönste Nebensache der Welt, wie uns lange absichtsvoll klargemacht werden sollte, wenn es um die Verteilung von Steuergeldern ging. Zivilisationserkrankungen wie Diabetes mellitus, Störungen des Herz-Kreislauf-Systems, selbst Krebs ließen sich mittels Bewegung vorbeugen – und heilen helfen. Diese Erkenntnis setzt sich immer stärker unter Medizinern durch. Sport auf Rezept, wie jüngst ein Bundestagsabgeordneter forderte, würde dem Gesundheitssystem nach seriösen Berechnungen Kosten im zweistelligen Milliardenbereich sparen. Stattdessen werden weiter Pillen verschrieben, was angesichts der Macht der Pharmalobby nicht verwundert. Ein Umdenken wäre überfällig. Olympische Spiele in Deutschland könnten dazu beitragen.

Ganz abgesehen davon, dass Olympia eine Stätte der Begegnung bleibt, den Dialog zwischen Ethnien, Kulturen, Religionen fördert. Nichts ist friedensstiftender als einander kennenzulernen, anderer Menschen Wünsche und Sehnsüchte zu erfahren. Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einer stabilen Demokratie, sollte auch deshalb dem IOC ein Angebot machen. Die Spiele kampflos Oligarchen und Diktaturen zu überlassen wäre fahrlässig und am Ende womöglich noch kostspieliger.