Über eine große Krise, auf die die (westliche) Welt viel zu spät reagiert hat

Die Ebola-Krise macht rat- und fassungslos. Sie ist ein Grund, sich zu schämen für all das, was in den vergangenen Monaten von großen, reichen Ländern nicht getan wurde. Sie erzeugt Angst und gleichzeitig grenzenlose Bewunderung und Respekt für jene, die sich ihr entgegenstellen. Für Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, die jeden Tag in den betroffenen Gebieten ihre Gesundheit für die Gesundheit anderer riskieren. Für Freiwillige, die sich jetzt in Deutschland für einen Einsatz in den Krisenregionen ausbilden lassen und deren Mut man gerne hätte. Und schließlich auch für die, denen es in den entsprechenden Spezialkliniken hierzulande gelingt, Menschenleben zu retten.

Ihnen allen kann man nicht genug Dank sagen und sie dafür wertschätzen, dass sie ihr Engagement meist als etwas Selbstverständliches, als Teil eines Berufs oder einer Berufung verstehen. Dass es das nicht ist, zeigt der Umgang mit Ebola außerhalb jener Gruppe, die direkt mit dem Virus konfrontiert wird. Aus welchen Gründen auch immer haben größere Teile der Weltgemeinschaft bisher bei der Bekämpfung der Seuche in einer Art und Weise versagt, die man eigentlich nicht mehr für möglich gehalten hat. Wenn sonst in der jüngeren Vergangenheit eine Katastrophe die Erde erschütterte, nehmen wir den 11. September 2001 in den USA, den Tsunami in Asien oder den Atom-GAU in Japan, liefen die globalen Hilfsmaßnahmen schnell, ja fast automatisch ab. Von der Unterstützung von Staat zu Staat bis zur Anteilnahme von Mensch zu Mensch: Steuergelder flossen genauso wie Spenden, übrigens gerade aus Deutschland. Bei uns reichte es meist, wenn die Medien über eine internationale Katastrophe berichten: Kaum wurden die wichtigsten Kontonummern in den Fernsehsendungen eingeblendet, schon überwiesen die Deutschen Millionen über Millionen. Nicht so bei Ebola. Das Deutsche Rote Kreuz beklagt, dass es nicht nur zu wenig Freiwillige für einen Einsatz in Afrika, sondern vor allem zu wenig Spenden gebe. Das Interesse an allem, was die Krankheit und ihren Verlauf betrifft, sei zwar groß, bliebe aber ohne die von ähnlichen Fällen bekannten Auswirkungen – im Kleinen und im Großen.

Auch deutsche Spitzenpolitiker haben zugegeben, dass man die Dimension der Ebola-Krise unterschätzt hat. Warum, ist ein Rätsel. Die Berichte aus den afrikanischen Staaten waren eindeutig, die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ebenso. Es ist zu befürchten, dass sie schlicht untergegangen sind im Kriegsgeschrei aus der Ukraine, aus dem Nahen Osten und anderen Teilen der Welt. Leider war da Afrika einmal mehr nicht Priorität Nummer eins.

Es ist zu hoffen, dass sich das jetzt ändert, vor allem im Interesse der am stärksten betroffenen Gebiete, am Ende aber im Interesse der gesamten Welt. Die vergangenen Wochen haben eindringlich gezeigt, dass eine Krankheit mindestens so unheimlich sein kann wie Terroranschläge und kriegerische Handlungen und dass sie im Zweifel deutlich schlechter beherrschbar ist. Auf jeden Fall muss uns allen ein für alle Mal klar werden, dass eine Bedrohung wie Ebola sich in einer globalisierten Welt eben nicht grundsätzlich begrenzen lässt und viel schneller ein Thema im eigenen Umkreis sein kann als noch vor wenigen Jahrzehnten. Jede Hilfe für die Krisengebiete fällt deshalb auf die Nationen zurück, die sich engagieren. Sie ist nicht nur moralische Pflicht, sondern auch vorausschauender Selbstschutz.

Hamburg hat seinen Anteil daran übernommen – mit der Behandlung und Heilung eines Ebola-Kranken und der Erprobung eines Impfstoffes. Das ist, siehe oben, alles andere als selbstverständlich, auch wenn es die Verantwortlichen als genau das empfinden: als ihre Pflicht zu helfen, wo sie helfen können. Was übrigens auch ein guter Leitsatz für alle anderen sein könnte.