Brauchen wir die Müll-Polizei? Ein Pro

Ja, staatliche Verbote sorgen immer für ein unbehagliches Gefühl. Und eine staatlich angeordnete Überwachung dieser Verbote erst recht. Die Kritiker der Hamburger „Müll- wächter“ – Waste Watchers genannt – beschwören daher sofort das Bild des Stadtstaates Singapur herauf, wo bereits das Ausspucken eines Kaugummis oder das Wegschnippen einer Zigarettenkippe drakonische Strafen nach sich ziehen kann: Geldbußen zwischen umgerechnet 400 bis 4000 Euro oder das Zwangskehren von Straßen in orangefarbenen Overalls. Gewiss ist dies eine moderne Form des mittelalterlichen Prangers, mit denen sich kein Menschenrechtler jemals anfreunden dürfte. Und fairerweise muss man auch sagen, dass der Erfolg der rigiden Singapurer Abfallgesetze noch immer ziemlich weit hinter den Erwartungen herhinkt.

Andererseits wird gerade so erschreckend deutlich, wie unfassbar asozial, unbelehrbar und dreckverliebt wir Menschen (Sie natürlich nicht!) offenbar sind: weil es uns erstaunlicherweise immer wieder gelingt, unseren Alltagsmüll zwischen Abfallkörben zu entsorgen, die nur wenige Hundert Meter auseinanderliegen. Und dies auch hier in Hamburg, das mit 9000 leuchtend roten Abfallbehältern mit integriertem Aschenbecher, Zigtausend Papierkörben in öffentlichen Grünanlagen, gut 5000 Wertstoffcontainern an 1000 Standorten sowie einem Dutzend Recyclinghöfen eigentlich ein regelrechtes Müllentsorgungsparadies ist.

Schade, dass es noch immer viele Zeitgenossen gibt, die sich einen Dreck um ihre Umwelt scheren. Um ihr Zuhause, um ihre Stadt! Die daher mal eine klare, offizielle Ansage benötigen: dass sich etwa auch größere Kartons zerreißen lassen, dass ausgeglühte Einweggrills auf Rasenflächen nicht verrotten, dass alte Toilettenbecken vor Altglascontainern nichts zu suchen haben und dass es selbst bei großen Veranstaltungen immer zusätzliche Abfallbehälter gibt, die nur darauf warten, gefüttert zu werden.

Die Stadtreinigung kennt all diese Hotspots ganz genau, wo die Waste Watchers dann also zukünftig patrouillieren und öffentliche Überzeugungsarbeit leisten sollen. Strafen verhängen dürfen sie zwar (noch) nicht, aber vielleicht könnte bereits dieser „Pranger-light-Effekt“ dafür sorgen, dass auch die letzten Abfallmuffel zu Saubermännern (und -frauen) mutieren. Ein bisschen Singapur schadet auch Hamburg nicht.