AfD kommt von rechts, SPD setzt auf linke Bündnisse. Steht die Union bald alleine da?

Angela Merkel hat ihrer CDU viele Erfolge eingebracht. Die Parteichefin modernisierte die Union, machte aus einer verstaubten Kohl-Partei eine Kraft der politischen Mitte. Merkels CDU hält sich seit Jahren stabil vor der SPD. Doch allmählich ziehen dunkle Wolken auf. Die Alternative für Deutschland (AfD) besetzt den rechten Rand – ein Wählermilieu, von dem die CDU bisher meinte, es würde mangels Alternative automatisch die Union wählen. Sowohl in Brandenburg als auch in Thüringen holte die AfD Ergebnisse jenseits der Zehnprozentmarke.

Mit der Abschaffung der Hauptschule und der Wehrpflicht, aber auch mit einem klaren Kurs hin zu einem zeitgemäßen Familienbild hat die CDU unter Merkel konservative Themenfelder umgekrempelt. Die Parteispitze konnte das problemlos tun, denn Widerstand gab es bisher höchstens in den eigenen Reihen. Und die hat Merkel unter Kontrolle – auch, weil sie Wahlerfolge feierte.

Doch nun steigt der Druck auf die CDU von außen. Den Christdemokraten droht das, was die SPD seit vielen Jahren mit der Linkspartei austrägt: ein Kampf um den politischen Rand – ohne gleichzeitig die Mitte dem politischen Gegner zu überlassen. An Wahlabenden werden CDU-Politiker nicht müde, die Truppe um den Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke kleinzureden. Die Union setzt darauf, dass sich die AfD selbst erledigt.

Eine riskante Taktik. Und doch kann sie aufgehen. Die Wahlkämpfe in Ostdeutschland haben gezeigt, dass die AfD vor allem auf eines setzt: Protest. Mit der Dauerschleife gegen den „etablierten Parteiensumpf“ lässt sich verlässlich Stimmen fangen. Rechtspopulistische Äußerungen von AfDlern sind keine Einzelfälle. Als Parteichef Lucke nun noch die Sicherheitspolitik der DDR lobte, war klar, dass die Partei das Netz für Wähler in Ostdeutschland auch an den linken Rändern auswirft. Die AfD will die Nostalgiker und Frustrierten an sich binden – links wie rechts. Lucke sprach gestern davon, dass die „Wähler mit der AfD für eine politische Erneuerung gestimmt“ hätten. Für Erneuerung steht die AfD sicher nicht. Eher für das Gestern. Nationale Wirtschaft statt Euro, Drei-Kind-Politik statt Homo-Ehe, Zuwanderungsskepsis anstelle eines klaren Bekenntnisses zu Deutschland als Einwanderungsland. Eine Analyse der ARD ergab, dass die AfD in Brandenburg gleichermaßen Zulauf von ehemaligen Linken- und CDU-Wählern bekam. Und so wird die Union nicht müde zu betonen, dass die AfD ein „Problem für alle Parteien“ sei.

Das stimmt nicht. Sie ist vor allem ein Problem für die CDU. Denn eine Koalition der Merkel-Partei mit der AfD ist allein aufgrund der Euro-Politik undenkbar. Der Union aber gehen nach und nach die Koalitionspartner aus, denn hinter dem Aufstieg der AfD verschwindet die FDP. Die CDU hat jetzt mehrere Optionen: Erstens kann sie den liberalen Merkel-Kurs fortsetzen und stärker auf ein Bündnis von Union und Grünen setzen. Angesichts der schwächelnden Grünen und dem zunehmenden Gegenwind für Merkel von innen und außen ist das riskant. Zum Zweiten kann die CDU nach rechts rücken und so den Erfolg der AfD eindämmen. Auch das birgt ein Risiko: Die CDU macht in der Mitte Platz für die SPD, die sich als Volkspartei wieder aufrichten könnte. Oder aber die CDU geht ein Bündnis mit der AfD ein. Auch das kann schiefgehen – jedoch besteht die Chance, die AfD als Protestpartei ohne Regierungskonzept zu entlarven.

Vieles wird sich in Hamburg entscheiden: Im Februar sind hier die nächsten Wahlen. Geht die CDU auf die AfD zu und zieht gegen die Scholz-SPD in den Wahlkampf? Bleibt die FDP wider Erwarten als Koalitionspartner erhalten? Wie verhalten sich CDU und Grüne als Opponenten zur starken SPD? Klar ist nur: Für die Union bleibt es nicht ohne Risiken.