„Scotland forever!“ In einer Volksabstimmung entscheiden die anderen Briten über die Loslösung vom Vereinigten Königreich

Erinnern Sie sich an die Kamin-Szene in „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“? Die Nazis haben Indie und seinen Vater in einem Kamin aneinander gefesselt, der Rest des Zimmers steht bereits in Flammen. Mit einer Geheimtechnik drehen sie den Kamin um, landen ausgerechnet in der Nazi-Kommandozentrale, drehen schnell zurück zum Zimmerbrand, und der Vater – Sean Connery – sagt staubtrocken mit schönstem schottischen Akzent: „Sche Schituaschion hasch not improved“ (die Lage hat sich nicht verbessert).

Connery ist nicht nur eine Art britischer Götz George, der mit dem Alter immer besser wird, sondern auch schottischer Patriot. Er trägt ein „Scotland Forever!“-Tattoo, fördert mit seiner Bildungsstiftung talentierte Schotten, und die Queen hat ihn für seine Verdienste um Schottland zum Ritter geschlagen. Das hat sie jetzt davon: In der bevorstehenden Volksabstimmung kämpft der 83-Jährige als Galionsfigur für Schottlands Unabhängigkeit und Loslösung vom Vereinigten Königreich. Dabei darf er nicht mal mit abstimmen – er lebt inzwischen auf den Bahamas.

Auch im gegnerischen Lager sammelt sich Prominenz. Sting, David Bowie und Mick Jagger, die Schauspielerinnen Judi Dench und Helena Bonham Carter, Physiker Stephen Hawking und Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling werben für den Erhalt der Einheit. Gerade veröffentlichten sie einen „Letter To Scotland“ mit dem Appell: „Was uns verbindet, ist viel größer als das, was uns trennt. Let's stay together.“

Klar, geliebt haben sich Engländer und Schotten nie, seit Schottland durch den „Act of Union“ 1707 formal mit England vereinigt wurde. Schottland verteidigt erbittert seine eigene, reformierte Kirche, seine Kilts, seine Lachse. Nachdem Margaret Thatcher in den 1980ern noch alle regionalen Unabhängigkeitsgelüste abgeblockt hatte, bekam Schottland 1999 immerhin wieder sein eigenes Parlament in Edinburgh. Warum, fragt sich der Rest Europas entgeistert, wollen die Schotten jetzt auf einmal unabhängig sein?

Natürlich spielt eine Rolle, dass Schottland dann selbstständig die Einnahmen aus der Ölförderung vor seiner Nordseeküste verwalten könnte. Bisher, so argumentieren Schottlands Nationalisten, flossen diese Einnahmen vor allem in Englands „weiße Elefanten“ wie den dritten Londoner Flughafen, den Kanaltunnel oder den Bau der Concorde. Außerdem soll Großbritannien nicht mehr einfach seine Atomwaffen in Schottland stationieren.

Aber wahr ist auch, dass Schottland mit den übrigen Teilen des Vereinigten Königreichs längst so verzahnt ist wie Bayern mit Rest-Deutschland. Bisher weiß niemand, wie das gemeinsame Gesundheits-, Renten-, Rechts- und Bildungssystem auseinandergeflöht werden soll. Behält Schottland das britische Pfund oder muss es den (ungeliebten) Euro einführen? Wird es in die Nato eintreten? Sollen Engländer und Schotten Visa beantragen, wenn sie über die Grenze zur Arbeit fahren? Wenigstens erwägt bisher niemand, Gälisch zur Amtssprache zu machen – eine keltische Sprache, in der Geld „airgead“ heißt, Handtuch „searbhadair“ und Montag „Di-luain“ und die nur noch etwa ein Prozent der 5,3 Millionen Schotten versteht.

Werden also glückliche Schotten in der Abendsonne ihren Schafen zuwinken, ihre Öl-Aktien zählen und Malt-Whisky schlürfen? In unseren globalisierten Zeiten hat sich längst gezeigt, dass Winz-Staaten wie Lettland, Slowenien oder auch Schottland ohne starken Partner keine Chance haben. Aber für die meisten Schotten gehe es gar nicht um rationale Fragen, vermuten einige, sondern um eine „Abstimmung der Herzen“: Ihnen passt nicht, dass Großbritannien zentralistisch von London aus regiert wird. Und das britische Empire hat nicht nur Indien und Neuseeland, sondern auch seine Volksgruppen der Waliser, Iren und Schotten zu lange imperial behandelt.

Premierminister David Cameron, der vehement für die Einheit eintritt, ist aus schottischer Sicht ein knickriger Landesstiefvater. Putzigerweise verfügt gerade er über eine astrein schottische Ahnenreihe. Die Camerons stammen aus einem alten Highland-Clan, der keine historische Rauferei gegen die Briten ausgelassen hat.