Die Verflechtung von Religion, Geld und Mitgliedschaft widerspricht der Moderne.

Beim Geld hört die Freundschaft auf. Wie sensibel Christen auf Veränderungen beim Einzugsverfahren ihrer Kirchensteuer reagieren, zeigen die neuen Austrittszahlen. Häufig reicht aber schon der Ärger über Gottes Bodenpersonal, den Austritt zu erklären. Prunk-Bischof Tebartz-van Elst und die Debatte über den Netze-Rückkauf in Hamburg mit kirchlicher Finanzierung lassen grüßen. Die Institution Kirche – sie bedeutet den meisten Deutschen nicht mehr viel. Dass sie dennoch auf sozialen, kulturellen und mancherlei anderen Feldern wirken kann, hat sie einzig und allein der Kirchensteuer zu verdanken, abgesegnet durch das Grundgesetz.

Keiner weiß, wie lange diese Quellen noch sprudeln werden. Fest steht aber: Der gesellschaftliche Trend läuft seit Jahrzehnten gegen die institutionalisierte Form von Religion. Moderne Christen leben ihren Glauben lieber frei von kirchlicher Bindung. Wer diese Entwicklung bei den Mitgliederzahlen zu Ende denkt, muss erkennen: Die Kirchensteuer in ihrer jetzigen Form ist ein Auslaufmodell. Im Extremfall wird sie vom Prozess der Säkularisierung in den nächsten 30 Jahren selbst überrollt. Wer finanziert dann das Premium-Angebot der katholischen und evangelischen Kirche und ihren eher behäbigen Behördenapparat?

Gegenwärtig können die beiden großen Kirchen aus dem Vollen schöpfen, weil die Wirtschaft brummt und die Steuereinnahmen fließen. Mehr als zehn Milliarden Euro nehmen sie pro Jahr an Kirchensteuern ein – das Geld von einem Drittel ihrer Mitglieder. Während die meisten Mitglieder steuerbefreit sind (Rentner, Geringverdienende), hält der harte Kern der Zahler die Institution Kirche am Laufen. Noch wiegen die Vorteile mehr als die Nachteile. Denn mit dem Geld werden etwa auch historisch wertvolle Kirchengebäude erhalten und vor dem Verfall bewahrt. Allein die evangelischen Kirchen geben dafür jährlich eine Milliarde Euro aus. Wer diese Steuern zahlt, trägt also wesentlich dazu bei, dass die Kirche tatsächlich im Dorf bleibt.

Wie lange aber werden diese Mittel reichen, wenn die Mitgliederzahlen weiter schrumpfen? Nicht nur der demografische Wandel spricht gegen die künftige Effizienz der Kirchensteuer. Es ist vor allem der gesellschaftliche Prozess der Individualisierung und Pluralisierung, der die Kirchensteuer zum Auslaufmodell werden lässt. Eine Generation wächst heran, die eine enge Bindung an Kirchen, Parteien, Gewerkschaften und Vereine ablehnt. Digital Natives stecken ihr Geld lieber in das neueste iPad als in den Topf der Kirchensteuer.

Will die Kirche ihrem Auftrag gerecht werden, sollte sie langfristig über Alternativen zur Kirchensteuer nachdenken. Zwar wird das dem Staat nicht ganz recht sein, lässt er sich doch das Einzugsverfahren mit jährlich 160 Millionen Euro bezahlen. Weil die Kommunikation des Evangeliums in der modernen Gesellschaft professioneller Strukturen bedarf, ist die Kirche aber auch künftig auf den schnöden Mammon angewiesen. Alternative Modelle sind zum Beispiel in den Vereinigten Staaten seit Langem erprobt. Dort wird die kirchliche Arbeit in den einzelnen Gemeinden von ihren Mitgliedern selbst freiwillig finanziert. Auch die Freikirchen in Deutschland leben das bereits vor.

Der Vorteil liegt darin, dass das einzelne Mitglied weiß, was mit seinem Geld genau passiert. Der Nachteil: Die Abhängigkeit von Spendern wächst. Eine weitere Finanzierungsquelle ist das Kirchgeld, das Mitglieder schon heute freiwillig spenden. Der größte Fehler beim gegenwärtigen Modell bleibt der Zwang – die gesetzliche Verflechtung von Religion, Geld und Mitgliedschaft. Das widerspricht dem Geist der Moderne und fördert den Mitgliederfrust. Dabei hat doch Gott, wie der Apostel Paulus schreibt, „einen fröhlichen Geber lieb“.