Leidtragende der Staatspleite in Argentinien sind die Bürger

Für viele Argentinier ist die Nachricht leider keine Unbekannte. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas ist erneut in die Staatspleite gerutscht – die fünfte seit dem Zweiten Weltkrieg. Noch sind die Folgen schwer absehbar. Für die Bürger bleibt nur zu hoffen, dass mögliche folgende Sparprogramme und Finanzengpässe nicht zu sozialen Unruhen führen.

Wenngleich Argentinien seit Längerem in einer Wirtschaftsflaute steckt und unter hohen Inflationsraten leidet, waren es diesmal nicht die ökonomischen Eckdaten, die das Land in die Knie zwangen. Vielmehr sind es Altlasten aus der letzten Staatspleite und ein Machtkampf mit Finanzinvestoren, den Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner trotz Verbalattacken gegen die „Geierfonds“ am Ende vor einem US-Gericht verlor.

Rein rechtlich ist es nachvollziehbar, dass Gläubiger darauf bestehen, dass bestehende Verträge eingehalten werden und sie ihr geliehenes Geld zurückerhalten. Moralisch betrachtet ist es jedoch verwerflich, dass Hedgefonds 2001 bewusst argentinische Staatsanleihen zu Niedrigstpreisen aufkauften, um auf juristischem Weg den ursprünglichen Gegenwert der Schuldentitel einzuklagen, während rund 90 Prozent der Gläubiger einem drastischen Schuldenschnitt zustimmten, um Argentinien einen Neustart zu ermöglichen. Am Ende ist es vor allem skandalös, dass Hedgefonds in den Händen von Spekulanten wegen einer – im Vergleich zum Wohl eines ganzen Volkes – niedrigen Forderung von rund 1,5 Milliarden Dollar ein Land an den Rand des Abgrunds schicken. Rund 41 Millionen Menschen, die für Jahre deutliche Einschnitte ihrer Lebensqualität zu befürchten haben. Dieser Preis ist zu hoch.

Auch wenn es kein internationales Insolvenzrecht für Staaten gibt, über das die Forderungen eingetrieben werden können, steht fest, dass Argentinien künftig schwerer an Kapital kommt. Viele Anleger werden dem Land den Rücken kehren, die Zinsen für Anleihen dürften steigen und die Budgets für soziale Ausgaben sinken. Die Verlierer stehen fest: Es sind die Bürger – und mit Sicherheit viele, die weder jemals eine Staatsanleihe noch Anteile an einem Hedgefonds besaßen.