Windkraft im Norden ist die wichtigste erneuerbare Quelle

Seine jüngste Erfolgsmeldung rahmte der Bundesverband Windenergie am Dienstag gleich mit Skepsis ein. Der starke Neubau von Windkraftwerken im ersten Halbjahr 2014 habe auch mit „Vorzieheffekten“ zu tun. Viele Investoren haben noch zu den alten Konditionen Projekte umgesetzt, weil sie nicht sichergehen können, dass das Geschäft mit dem Wind in einem Jahr auch noch rundläuft.

Die Energiewende in Deutschland kommt voran, aber nicht auf der Überholspur der Autobahn, sondern derzeit eher auf der Landstraße. Politische Debatten um die Kosten des Ökostroms, aber auch um den Neubau von Stromnetzen haben das Projekt in den vergangenen zwei Jahren deutlich entschleunigt. Die Windkraftbranche, mit 140.000 Beschäftigten der wichtigste Wirtschaftszweig der erneuerbaren Energien in Deutschland, blickt derzeit mit Sorge vor allem nach Süddeutschland. Die bayerische Staatsregierung hat die Mindestabstände von Windparks zu Siedlungen auf zwei Kilometer erweitert. Das entzieht etlichen Windparkprojekten dort die planerische Grundlage. In Rheinland-Pfalz streiten Naturschützer mit Windparkplanern über die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.

Die Branche hat die Perspektiven im Süden zu optimistisch eingeschätzt. Es macht eben einen Unterschied, 200 Meter hohe Anlagen in süddeutsche Mittelgebirgswälder zu stellen – oder deutlich größere Stromerträge aus kleineren Anlagen an den windstarken Standorten der deutschen Küsten zu erwirtschaften. Norddeutschland ist Windland. Wind als nutzbare Energie ist den Menschen vertraut. Die flache Landschaft des Nordens verträgt Windkraftwerke besser als die hügelige Topografie des Südens.

Die Windkraft an der Küste und ebenso die noch junge Offshore-Windkraft auf Nord- und Ostsee bilden die Basis der Energiewende. Sie liefern die Grundlast, um langfristig ohne Atom- und Kohlekraft auszukommen. Der Süden trägt zur Energiewende Strom aus Sonnen- und Wasserkraftwerken bei, Biomasse aus Wäldern und aus der Landwirtschaft. Ein Land der Windkraftwerke aber wird der Süden Deutschlands wohl nicht werden.